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Ein Demonstrant hält bei einer Demonstration für die Freilassung der israelischen Geiseln in Tel Aviv ein Schild hoch, auf dem der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und der kolumbianische Drogenbaron Pablo Escobar abgebildet sind.

© REUTERS/Nir Elias

Netanjahu ist nicht Israel: Das Land wird seine Demokratur überwinden – dem Völkerrecht verpflichtet

Israel darf keine Angriffsflächen bieten, eben weil es Demokratie ist und sein will. Auch die gilt es zu verteidigen.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Israel, die dunkle Macht? Israel, das finstere Geschöpf der UN aus grauer Vorzeit? Und jetzt auch noch Völkerrechtsverächter? Achtung! Vorurteile vernebeln den Durchblick.

Israel ist nicht der Staat Netanjahu. Es ist die einzige aktive Demokratie der Region; es wird sich von der herrschenden Demokratur befreien.

Dieses Israel ist bedroht. Fatah wie Hamas stellen unverändert das Existenzrecht infrage. Die seinerzeitige Ankündigung von Jassir Arafat als PLO-Chef wurde nie umgesetzt; als Fatah-Chef hat er sich dagegen gestellt.

Und Mahmud Abbas, im jetzigen Konflikt von der Hamas zur Rede gestellt, wo er denn nun stehe, sagte, als Fatah-Chef werde er dem Existenzrecht niemals zustimmen. Wie soll da eine Zweistaatenlösung Wirklichkeit werden?

Es war einmal: Augenblicke der Aussöhnung. Vor 20 Jahren schütteln sich der damalige israelische Premierminister Ariel Scharon (links) und der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas die Hände bei Verhandlungen im ägyptischen Scharm El-Scheich.

© dpa/epa Jim Hollander

Stichwort Krieg: Es ist kein Krieg im herkömmlichen Sinn – die Hamas ist nicht einfach eine kriegführende Partei, ist kein Staat, sie ist eine gelistete Terrororganisation. Das ist ein völkerrechtlich gravierender Unterschied.

Stichwort Siedlungen: Benjamin Netanjahu, als er mal wieder ins Amt gekommen war, wurde von der PLO gebeten, als Zeichen des guten Willens den Siedlungsbau für einige Wochen auszusetzen (übrigens einen entlang von den UN anerkannten Linien).

Er stimmte zu, und mehr: Er weitete den Stopp aus, auf Monate. In der Zeit sollten die Palästinenser doch darüber beratschlagen, ob sie nicht Israel anerkennen. Dann wäre morgen Frieden und alles möglich. Nichts dergleichen. Niemand nahm Netanjahu beim Wort.

Nein, Staat machen können die Palästinenser nicht. Jedenfalls bisher nicht. Das würde auch die Existenz der Palästinensischen Autonomiebehörde, der Korruption und des Terrors untergraben. Weiß eigentlich jemand, wie viel Geld des Westens abgezweigt worden ist von Abbas und seinen Gefolgsleuten?

Wer kann die Wiederholungsgefahr ausschließen?

So ist die Lage: Israel wurde angegriffen, es muss die Wiederholungsgefahr bei der Hamas ausschließen. Es hat sich entschlossen, das in einer Bodenoffensive zu tun. Deshalb muss es kämpfen, bis alle Geiseln zurück sind und die Hamas die Waffen abgegeben hat.

Israel wird dafür sorgen, dass die Bevölkerung in Gaza Lebensmittel und Medizin erhält, aber zugleich bei der Verteilung der Hilfsgüter die Hamas nicht in die Lage versetzt wird, durch Verkauf von dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge gestohlenen Hilfsgütern seine Organisation zu finanzieren und zu unterhalten. Die Anti-Hamas-Demonstrationen in Gaza, blutig unterdrückt, sind Symptom einer durch diese Strategie geschwächten Hamas.

Einen politischen Prozess und einen Waffenstillstand kann es nur mit einem Gegner geben, der grundsätzlich damit leben kann oder will, dass der andere dauerhaft weiterexistiert. Deshalb ist das mit der PLO dann möglich, wenn sie sich dazu entscheidet, und mit der Hamas und der Islamischen Republik Iran nicht, weil beide theologisch-politisch von der Notwendigkeit der Beseitigung Israels überzeugt sind.

Eben mit Blick darauf ist Israel als demokratischer Staat in ganz besonderer Weise dem Völkerrecht verpflichtet: auch um keine Angriffspunkte in dieser Hinsicht zu bieten.

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