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Boris Pistorius (SPD) kommt zu den Sondierungsgesprächen von Union und SPD.

© dpa/Michael Kappeler

Pistorius’ gnadenlose Kritik an Kollegen der Union: So kann Schwarz-Rot kaum gelingen

Jetzt sollen Koalitionsverhandlungen beginnen – obwohl manche in der Union „kein Gewissen“ haben? Wie soll das gehen, bei diesem Urteil von SPD-Hoffnungsträger Pistorius? Der AfD spielt das in die Hände.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

„Sie haben kein Gewissen“ – sagt SPD-Spitzenmann Boris Pistorius über Thorsten Frei und Alexander Dobrindt von CDU und CSU. Verantwortungslos, skrupellos, kennt den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht – das ist ein gewissenloser Mensch. Und das als Urteil über christliche Politiker?

Ja, es war intern, in der Fraktionssitzung geäußert, aber wohl kaum in der Erwartung, dass es nicht öffentlich wird. Das wäre ja naiv.

Ein vergleichbarer Fall aus jüngerer Zeit ist nicht erinnerlich. Nicht einmal Donald Trump, der Joe Biden wüst beschimpft hat, hat ihn je gewissenlos genannt. Also ein ziemlich einmaliger Fall unter Demokraten.

Politiker, die miteinander koalieren wollen, sprechen einander das Gewissen ab. Das ist, nach dem berühmten französischen Staatsmann (und Zyniker) Talleyrand, schlimmer als ein Verbrechen – es ist ein Fehler.

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Ein schwerer Fehler. Denn entweder weiß Pistorius nicht, was er da sagt; dann ist das nur leichtfertig und beleidigend. Oder er weiß es, dann setzt er damit die Regierungsbildung aufs Spiel. Was im Übrigen auch verantwortungslos wäre.

Nicht einmal die Ampelparteien haben einander so die Ehre abgeschnitten. Das Feixen der AfD angesichts der Lage mag man sich gar nicht vorstellen.

Stephan-Andreas Casdorff

Nicht nur, dass Friedrich Merz sich als kommender Kanzler immer aufs Neue in Bedrängnis bringt. Jetzt muss sich auch noch Pistorius als Hoffnungsträger des Koalitionspartners in spe, der SPD, der Frage stellen, ob er in einem Kabinett Merz mit „gewissenlosen“ Kollegen zusammenarbeiten kann und will.

Alles in allem: ein schändliches Schauspiel parteipolitischer Ranküne, das sich da gerade zeigt. Kleinkariert ist es obendrein. Nicht einmal die Ampelparteien haben einander so die Ehre abgeschnitten. Das Feixen der AfD angesichts der Lage mag man sich gar nicht vorstellen.

Und das, bevor eine Regierung überhaupt zustande gekommen ist, eine, die in und über Europa hinaus wirken muss. Die einem Trump und einem gewiss gewissenlosen Wladimir Putin die Stirn bieten soll – sogar, anders als bisher, in vorderster Reihe. Selten wurde von Deutschland so viel Übernahme von Verantwortung gefordert und erwartet.

Wie soll das gehen, wie soll das werden? 

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