CO2-Speicher Brandenburg: Politische Haftung
Um was es hier nicht geht: Um Sinn oder Unsinn von riesigen unterirdischen Kohlendioxid-Speichern in Brandenburg für das Treibhausgas aus den Braunkohlekraftwerken des Energiekonzerns Vattenfall. Es geht nicht darum, ob es sich beim Trennen von Kohlendioxid (CO2) nur um eine Lückentechnologie handelt, die für Brandenburg uninteressant aber für heimische Anlagenbauer lukrativ ist.
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Um was es hier nicht geht: Um Sinn oder Unsinn von riesigen unterirdischen Kohlendioxid-Speichern in Brandenburg für das Treibhausgas aus den Braunkohlekraftwerken des Energiekonzerns Vattenfall. Es geht nicht darum, ob es sich beim Trennen von Kohlendioxid (CO2) nur um eine Lückentechnologie handelt, die für Brandenburg uninteressant aber für heimische Anlagenbauer lukrativ ist. Worum es aber geht: Lobbyismus und Aufrichtigkeit in der Politik, und auch um Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) und die brandenburgische Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche (CDU).
Platzeck fordert eine schnelle Umsetzung der EU-Richtlinie für die sogenannte CCS-Technologie – also die CO2-Abtrennung und die unterirdische Lagerung des Klimakillers – in nationales Recht. Jedes Abwarten, so Platzeck, sei ein Rückschlag für den Klimaschutz. Frau Reiche fordert, dass die Konzerne, die den Klimakiller für geschätzte 1000 Jahre unter Brandenburg endlagern wollen, nicht ganze 20 Jahre für ihr Endlager haften.
Um die Aussagen der beiden zu bewerten, hier ein paar Fakten:
1. Es geht um eine weitgehend unerforschte Art der Endlagerung eines nicht ganz so ungefährlichen Gases. Niemand weiß, was in 40, 100 oder 700 Jahren im Untergrund geschehen sein wird, wie das CO2 dort womit reagiert, wie sich die Tektonik verändert. Das sagt nicht irgendwer, das sagen die Wissenschaftler des Potsdamer Geoforschungszentrums, die die CO2-Lagerung erforschen.
2. In dem Moment, in dem Vattenfall, wie jetzt für Ostbrandenburg angekündigt, genehmigt wird, ganze Regionen auf ihre Tauglichkeit als CO2-Endlager hin untersuchen zu dürfen, sind dort andere Nutzungen wie etwa die der umweltfreundlichen Tiefen-Geothermie (Erdwärme) blockiert. Das sagt nicht irgendwer. Das sagen das Umweltbundesamt, die Deutsche Umwelthilfe und der Fachverband für Geothermie. Den Gemeinden, unter denen das Land Brandenburg Vattenfall die Tiefenerkundung genehmigen will, hat das noch keiner gesagt.
3. Platzeck versichert, dass es in Brandenburg keine neuen Kohlekraftwerke ohne CCS-Technologie geben werde. Das ist kein Gesetz, ein Versprechen. Die EU-Richtlinie sähe das ausdrücklich als Pflicht vor. In der deutschen Bestimmung, die Platzeck ganz schnell beschlossen haben will, fehlt dies.
4. Das Gesetz sieht vor, dass der Betreiber des CO2-Endlagers 20 Jahre nach Ende der Einlagerung aus der Haftung entlassen wird. Dass dies Platzeck zu kurz ist, ist nicht überliefert. Dabei sollen in das Risiko des Endlagerbetreibers (hier: Vattenfall) die Länder (hier: Brandenburg) als Haftende eintreten. Frau Reiche findet die 20 Jahre zu teuer und somit unzumutbar für die Konzerne. Doch: Bei einer normalen Sondermülldeponie können die Haftungszeiten nach deren Stilllegung locker bei mehr als 100 Jahren liegen. Bei einer normalen Mülldeponie kommt kaum ein Betreiber mit weniger als 20 oder 30 Jahren Haftung weg. Und: Im Forschungsbergwerk Asse in Niedersachsen wurde die Endlagerung radioaktiver Abfälle 1995 beendet. Und schon heute – keine 20 Jahre später – lecken die Atommüllfässer vor sich hin.
Wie gesagt, es geht nicht um eine Technologie, es geht nicht um Kohleabbau ja oder nein, es geht nur um die Fragen: Was macht hier wer für wen und wofür haftet die Politik? P. Tiede
P. Tiede
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