Von Lorenz Maroldt: Prima Klima für die Grünen
NRW II: Warum die kleinen Parteien einen großen Sieger kennen
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Ausgerechnet in einer Zeit der großen Krisen wirkt die Politik erschreckend unsicher. Das bleibt nicht ohne Wirkung auf die Wähler, auch wenn das Ergebnis von Nordrhein-Westfalen auf den ersten Blick wenig spektakulär erscheint. Doch die erkennbaren Verschiebungen haben mit dieser Verunsicherung zu tun.
Es gibt Parteien, die wenig vertrauenerweckend wirken, weil sie stur an einer Idee, einer Überzeugung, einer Ideologie festhalten und unfähig zu sein scheinen, diese der Wirklichkeit anzupassen, selbst wenn diese äußerst erbarmungslos ist. Bei der FDP ist das gerade besonders ausgeprägt. Dann gibt es Parteien, die sich der Wirklichkeit so weit anzupassen versuchen, dass sie sich ihr geradezu unterwerfen und dabei keine Orientierung, keine Maßstäbe, keine Grundsätze mehr erkennen lassen, selbst wenn diese gerade in unsicheren Zeiten wichtig wären. Das trifft zur Zeit auf die Union zu.
FDP und die CDU haben bei der wichtigsten Wahl dieses Jahres verloren, weil eine schwarz-gelbe Regierung unter diesen Umständen zugleich trotzig und beliebig und damit eben auch hilflos wirkt. Was soll man anfangen mit einer Regierung, die den Eindruck verbreitet, dass es stärkere Mächte gibt als sie selbst eine ist: die Macht des Faktischen und die der Spekulanten. Die Grünen dagegen haben bemerkenswert gut abgeschnitten, weil sie beides, die Grundüberzeugung und die wahre Welt, am ehesten in Einklang bringen konnten.
Allerdings mussten die Grünen auch schon länger nicht mehr regieren; das hilft bekanntermaßen in einer funktionierenden Demokratie, die vom Wechsel lebt. Dass zu dieser in Deutschland künftig auch eine explizit sozialistische Partei gehört, in Ost wie West, hat ebenfalls mit diesem Effekt zu tun. Der eher wirre Auftritt der Linken im größten Bundesland dürfte ein noch besseres Ergebnis eher verhindert haben.
Alle Parteien eint das Bemühen, die Verantwortung für die Finanzkrise abzuwälzen auf andere, wahlweise andere Parteien oder gleich auf „die Spekulanten“, in denen Angela Merkel ihre Gegner erkannt hat. Das alles ändert aber nichts daran, dass auch nach dieser mit Bedeutung überfrachteten Wahl eine Landesregierung zu bilden ist, die nicht in erster Linie im Bundesrat wirken muss, sondern an Rhein und Ruhr. Die Vorbereitungen dazu laufen nicht erst seit Sonntag, 18 Uhr mit der Bekanntgabe der Prognosen. Wie der Wählerwille zu interpretieren sei, den sie noch gar nicht kannten, haben die Spitzenkandidaten bereits in den Wochen vorher zu antizipieren versucht. Frei nach Helmut Schmidt werden sie den Bürgern schon bald erklären, was diese wirklich meinten, als sie wählten.
Was die FDP betrifft, kann man sicher sein, dass deren Nervosität zunehmen wird, mit unkalkulierbaren Folgen für sich selbst und die Bundespolitik. Aber die Partei sollte sich daran erinnern, dass es noch nicht so lange her ist, als sie allein schon den Einzug in ein Landesparlament als Erfolg feierte.
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