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Lützerath wird es wohl bald nicht mehr geben.

© dpa / Rolf Vennenbernd

Räumung von Lützerath: Die Grünen müssen um ihre Glaubwürdigkeit bangen

Trotz aller Proteste wird Lützerath wohl abgebaggert. Für die Grünen ist das der Auftrag, an anderer Stelle noch konsequenter zu werden.

Ein Kommentar von Felix Hackenbruch

Der Kampf um Lützerath hat gerade erst begonnen, der Ausgang ist aber bereits klar. Das verlassene Dorf am Tagebau Garzweiler wird abgebaggert werden, und der Energiekonzern RWE wird die Braunkohle darunter fördern und verstromen – und damit Millionen von Tonnen CO₂ in die Atmosphäre befördern. Das Recht dazu liegt auf der Seite von RWE.

Damit unterscheidet sich Lützi vom Hambi, wo die rechtliche Auseinandersetzung 2018 noch nicht abgeschlossen war. Den Hambacher Forst, der für die Kohle gerodet werden sollte, konnte die Klimabewegung mit ihrem Protest am Ende retten. Dieses Mal wird es anders kommen, zu nahe haben sich die gigantischen Bagger schon an Lützerath herangegraben.

Doch ein Erfolg ist der Protest auch dieses Mal. Den Klimaaktivisten ist es gelungen, ihren Kampf um ein Stück Brachland bis in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Die Kirchen sehen die Abbaggerung kritisch, mehr als 200 Prominente fordern einen Räumungstopp, hunderte Wissenschaftler sprechen sich für ein Moratorium aus.

Die Grünen dagegen müssen um ihre Glaubwürdigkeit bangen. Lange haben sie in Lützerath gegen die Abbaggerung demonstriert, mit dem Wechsel in die Regierungen im Bund und in Düsseldorf haben sie dem Vorhaben von RWE politisch zugestimmt, um dafür einen vorgezogenen Ausstieg aus der Kohleförderung im Westen um acht Jahre zu bekommen.

Ein Deal, mit dem selbst die eigenen Mitglieder unzufrieden sind. Man habe sich von RWE über den Tisch ziehen lassen, heißt es von der Basis über die Parteispitze. Aus radikalem ist zahmer Klimaschutz geworden. Auch unabhängige Wissenschaftler haben mehrfach klargemacht, dass die Braunkohle unter Lützerath für eine technische Versorgungssicherheit und Netzstabilität nicht nötig sei.

Doch der Druck der Wirtschaft ist enorm, ohne Braunkohlestrom stünde es schnell schlecht um das Land. Für die Grünen um Wirtschaftsminister Robert Habeck ist Lützerath deshalb ein Warnschuss. Ihre Politik führt noch immer nicht auf einen 1,5-Grad-Pfad.

Die Kraft, die sie zuletzt gegen den Betrieb von Atomkraftwerken und für den Bau von LNG-Terminals aufgebracht haben, sollten sie noch stärker in den Ausbau von Windkraft, Solaranlagen, Stromnetzen und Wasserstoffinfrastruktur stecken. Am Ausbau der Erneuerbaren müssen sich die Grünen messen lassen. Und auch im Osten muss Habeck einen früheren Kohleausstieg erwirken – sonst verschwindet Lützerath umsonst.

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