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Israels alter und neuer Ministerpräsident: Benjamin Netanjahu.

© IMAGO/Yonatan Sindel

Rechtsextremes Bündnis in Israel: Für die Macht tut Netanjahu fast alles

Die künftige Koalition von Benjamin Netanjahu steht so weit rechts wie keine israelische Regierung zuvor. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie zur Radikalität bereit ist.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Rechtsreligiös – mit Blick auf die neue israelische Koalition ist das Wort die Untertreibung des Jahres. Was Benjamin Netanjahu zusammengefügt hat, ist eine Ansammlung rechtsextremer Kräfte.

Neben dem Likud werden das Religiös-Zionistische Bündnis und zwei strengreligiöse Parteien das Sagen haben. Kurz: die am weitesten rechts stehende Regierung, die Israel je hatte.

Die Verhandlungen zwischen den Koalitionären hatten bis zuletzt gedauert, und selbst wenn das Tradition hat in Israel – diesmal lag darin eine kleine Hoffnung. Sie hat sich nicht erfüllt.

Netanjahu wollte nicht auf Jair Lapid zugehen, der noch Premier ist und der nach dem Likud die zweitstärkste Fraktion hinter sich hat, die der liberalen Zukunftspartei.

Vereidigung bis 2. Januar

Fristgerecht hat nun der designierte Premier Netanjahu Staatspräsident Izchak Herzog die Einigung mitgeteilt, sodass die Regierung bis zum 2. Januar vereidigt sein wird. Will heißen, dass sich kurzfristig nichts mehr daran ändern lässt. Höchstens später durch eine Neuwahl. Das wäre dann die sechste innerhalb von dreieinhalb Jahren.

Bei der kommenden Regierung kann einem angst und bange werden. So wird etwa die beabsichtigte Legalisierung weiteren Siedlungsbaus im Westjordanland zur Provokation für die Region und international.

Friede mit den Palästinensern, eine Zweistaatenlösung, die von allen Verbündeten Israels angemahnt wird, wirkt noch unerreichbarer als ohnehin. So geraten dann auch Israels Abraham-Abkommen mit arabischen Staaten unter Druck; und eine Ausweitung wird schwieriger.

Gewaltenteilung wird infrage gestellt

Hinzu kommt, dass diese Koalition an ihrer Bereitschaft zur Radikalität keinen Zweifel lässt. Damit ist nicht allein das Außenpolitische gemeint, ein noch schärferer Ton gegen den Iran und dessen Atompläne.

Vielmehr plant die Regierung im Inneren, dass eine Parlamentsmehrheit Gesetze verabschieden kann, selbst wenn das Höchste Gericht sie als illegal verwirft. Was die Gewaltenteilung infrage stellt, wesentliches Merkmal einer Demokratie.

Unvorstellbar schon das, kommt eine Schwächung der Justiz auch noch Netanjahu persönlich zugute, den Korruptionsvorwürfe verfolgen. Für ihn wird damit der Weg frei (gemacht), nach eineinhalb Jahren Opposition an die Macht zurückzukehren.

Keiner war länger im Amt als er: Der 73-jährige war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident, dann wieder von 2009 bis 2021. Und jetzt ist klar: Für die Macht tut Benjamin Netanjahu alles. Fast alles.

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