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US-Präsident Joe Biden bei einem Wahlkampfauftritt

© AFP/Mandel Mgan

Sorge vor der „red wave“: Die Midterms werden zum Stresstest für die Demokratie

In den USA geht es um mehr als nur die Frage, wer künftig im Kongress das Sagen hat. Wohl selten war eine Zwischenwahl so wichtig wie diese.

Juliane Schäuble
Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Stand:

Als am 15. Dezember 2020, knapp sechs Wochen nach der Präsidentschaftswahl, feststand, dass Joe Biden tatsächlich gewonnen und Donald Trump verloren hatte, lautete die Schlagzeile in dieser Zeitung: „Biden triumphiert – und damit die Demokratie“. Der Spuk schien vorbei, die älteste Demokratie der Welt hatten einen gefährlichen Populisten abgewählt und sich damit die Chance für einen Neuanfang erarbeitet. Der neue Präsident hatte versprochen, sein Land zu „heilen“, jetzt konnte es losgehen.

Zwei Jahre später ist diese Aufbruchstimmung nicht nur längst verschwunden. Die Sorgen, in welche Richtung die Vereinigten Staaten nach dem 8. November schlittern werden, sind vielleicht noch größer als vor der letzten nationalen Wahl.

Es ist keine Übertreibung zu sagen: Diese Midterms sind ein Stresstest für die amerikanische Demokratie. Eine von zwei Parteien hat sich mehrheitlich einer Verschwörungstheorie verschrieben und zweifelt die Ergebnisse legitimer Wahlen an. Zumindest dann, wenn ihre Kandidaten unterliegen – wie Trump vor zwei Jahren. Das könnte auch nach diesen Midterms gravierende Folgen haben, weil Wahlen von den Bundesstaaten organisiert werden.

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Mit dem Argument, bei der letzten Wahl sei betrogen worden, arbeiten Trumps Anhänger überall im Land daran, das Wählen deutlich zu erschweren, um, so sagen Kritiker, Minderheiten vom Urnengang abzuhalten, die überproportional für die Demokraten stimmen.

Viele der republikanischen Kandidaten für den Kongress, die am Dienstag antreten, haben zudem bereits erklärt, das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2024 möglicherweise nicht zu zertifizieren – genau das hatte Trump nach seiner Niederlage vergeblich gefordert.

Damit stimmen die Amerikaner an diesem Dienstag auch über ihr politisches System ab. Sie haben es in der Hand. Biden hat recht, wenn er sagt: Uneinigkeit und Chaos sind nicht zwangsläufig. Es ist auch nicht das erste Mal, dass die Vereinigten Staaten alles anderes als einig sind. Und es wäre keine Premiere, wenn Zwischenwahlen eine Präsidentschaft auf den Kopf stellen.

Nach allen Erfahrungen bringen diese Midterms wenig gute Nachrichten für die Partei des Präsidenten. Die Inflation verharrt auf einem 40-Jahres-Hoch, die Zustimmungswerte Bidens sind im Keller, und viele Bürger sorgen sich über Kriminalität in Städten und eine Zunahme der Migration. Dabei ist es fast egal, ob diese Ängste berechtigt sind oder nicht. Entscheidend ist, ob die Menschen das Gefühl haben, gehört zu werden.

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Vertraut man den Umfragen – und es gibt nach den Fehleinschätzungen der vergangenen Jahre viele Gründe, das nicht zu tun – haben Biden und seine Demokraten nicht ausreichend zugehört. Erwartet wird, dass die Republikaner mindestens die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen und vielleicht auch im Senat.

Wenn es ganz bitter für die Demokraten kommt, wenn eine „red wave“ durchs Land rollt, wird der Präsident in den verbleibenden zwei Jahren kaum noch etwas umsetzen können. Und das Trump-Lager darf weiter daran arbeiten, Einfluss auf das Wahlergebnis 2024 nehmen zu können.

Am Ende ist es vorstellbar, dass wieder der Supreme Court über den Sieger einer Präsidentschaftswahl entscheiden muss. Für die Demokraten, die dessen von Trump geschaffene konservative Mehrheit fürchten, sind auch das keine guten Aussichten. Wohl selten war eine Zwischenwahl so wichtig wie diese.

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