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Trainer-Entlassung beim 1. FC Union : Svenssons Scheitern ist auch ein Scheitern des Vereins
Die Entlassung von Bo Svensson hat eine gewisse Logik, vor allem was das Timing betrifft. Für das aktuelle Tief des Berliner Bundesligisten steht allerdings nicht nur der scheidende Trainer in der Verantwortung.

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Im Profifußball kann es mal brutal schnell gehen. Nicht einmal drei Monate ist es her, da war Bo Svensson noch hoch im Kurs. Der 1. FC Union stand nach drei Siegen aus den ersten sechs Spielen auf Platz sechs und nach der schrecklichen Vorsaison bahnte sich eine ganz neue Ära an. Svensson, so prophezeite Torsten Mattuschka in einer großen Boulevardzeitung, könnte sogar der nächste Urs Fischer werden.
So viel dazu. Ab Freitag ist klar, dass die Ära Bo Svensson im Scheitern endet, und zwar deutlich früher, als man im Oktober hätte vorhersehen können. Nach neun Spielen ohne Sieg und nur sechs Toren in zwölf Wochen hat der Verein nun die Reißleine gezogen. Svensson und sein mitgebrachtes Trainerteam sind in Köpenick Geschichte. Ein bemerkenswerter Absturz, der weder Trainer noch Verein zur Ehre gereicht.
Nun gab es vielleicht auch gute Gründe, sich jetzt von Svensson zu trennen. Neben den Dauerproblemen in der Offensive schwächelte in den letzten drei oder vier Spielen auch noch die qualitativ gut besetzte und eigentlich sicher geglaubte Abwehr. Im Vergleich zum Herbst war das ein Schritt rückwärts und mit seinen mürrischen Interview-Auftritten machte Svensson nicht wirklich den Eindruck, dass er die Lage komplett im Griff hatte.
Da hat Union wohl aus der vergangenen Saison die Lehren gezogen, als die Vereinsführung wohl ein paar Wochen zu lange zu Nenad Bjelica hielt und das fast noch mit dem Abstieg bezahlte. Diesmal machen sie lieber etwas früher den Cut. Und zwar jetzt in der Winterpause, schon vor den wichtigen Spielen gegen Heidenheim, Augsburg, Mainz und St. Pauli im Januar.
Das hat alles seine Logik, und dennoch muss man mit Svensson etwas Mitleid haben. Denn am Ende ist sein Scheitern auch ein Scheitern des Vereins.
„Sich von einem Cheftrainer zu trennen, ist für einen Verein immer eine Niederlage“, hatte Präsident Dirk Zingler im Mai nach der Entlassung von Bjelica gesagt. Das gilt heute genauso. Für die fehlende Qualität in der Offensive und die offensichtlich immer noch fragile Stimmung innerhalb der Gruppe ist nämlich nicht nur der Trainer verantwortlich, sondern vor allem seine Vorgesetzten. Auch sie müssen jetzt Lösungen liefern.
Immerhin hat man scheinbar schon einen Nachfolger gefunden. Wie der Verein am Freitag wissen ließ, wird der nächste Trainer schon in den kommenden Tagen genannt. Es gilt nur zu hoffen, dass es diesmal um einen Glücksgriff handelt. Denn wenn man die Interims-Trainer dazu nimmt, wird dies der fünfte Trainerwechsel innerhalb von dreizehn Monaten beim 1. FC Union sein. Für einen Verein, der über viele Jahre so stabil gearbeitet hatte, ist das an sich ein Armutszeugnis.
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