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Klaus Wowereit war zunächst nur vor den Wahlplakaten der SPD zu sehen.

© dpa

Kontrapunkt: Und das ist auch Klaus so

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit versteht Berlin nicht nur, sagt Tissy Bruns. Nein, mehr noch: Er ist Berlin.

Berlin 1972: Der Kleine Klaus tritt in die SPD ein. Aus zwingenden Gründen: "Eine andere Partei kam für mich gar nicht in Frage". Berlin 2001: Klaus Wowereit wird Regierender Bürgermeister dieser Stadt. "Und das ist auch gut so", ruft er schon vorher, bei seiner Nominierung. Bald schon ein geflügeltes Wort in ganz Deutschland. Die natürliche Begabung zur extrem verdichteten politischen Kommunikation zeigt sich erst recht in einem zweiten genialischen Satz: "Berlin ist arm, aber sexy." Wie ein Magnet zieht er über die Jahre Millionen junger Kreativer in die deutsche Metropole, die damit seine Vision wahr machen.

Berlin 2011: Zehn Jahre ist Wowereit nun der Erste Mann in unserer Hauptstadt. Schon das, und außerdem die Medien und die Grünen schreien nach Wechsel. CDU, FDP und Linke sind zum Schreien zu schwach. Hauptsächlich waren sowieso erst einmal Ferien in Berlin.
Als mein Mann und ich nach dem Urlaub von Süden her wieder wieder in die Stadt einbiegen, geraten wir in den Sog eines aufwühlenden Wahlkampfs. Offenbar haben die Parteien von den Kampas, Arenas und Duellen der letzten Jahre genug und setzen diesmal voll auf das Plakat. Renate kämpft, Renate sorgt. Die FDP macht mehr Worte als voraussichtlich Prozente. Harald Wolf will im Manager-Gestus alle am Boom der Stadt beteiligen; dabei ist er sonst einer von den eher sympathischen Linken. Der Kandidat von der CDU erinnert mich leider an einen früheren Ressortchef, wofür er nichts kann. Was will der denn immer mit dem Jul-Klapp, rätselt hingegen mein Mann, dem die Zustände des Berliner Schulwesens durchaus nicht fremd sind. Wohl aber der „Jül-Zwang“, was ihn mit einer Mehrheit der Berliner und Berlinerinnen verbindet.

Über alledem aber steht der Große Klaus. Nach zehn Jahren hat er die argumentative Verknappung zur Vollendung gebracht hat. Berlin verstehen. Wir fühlen uns als Bürger herausgefordert, beschämt, getröstet. Ja, wir meckern, wir wollen vieles nicht verstehen. Der Bürger-Präsi mag uns doch.

Um Berlin zu verstehen, muss man ja nur den Wowi schauen. Mein persönliches Lieblings-Plakat ist das mit der Oma. Schwarz-weiß, Wowereit das Gegenteil der vielen omnipotenten Hochglanz-Kandidaten, die in den letzten Wahlkämpfen beim Publikum regelrechte Anti-Reflexe ausgelöst haben. Da wusste einer rechtzeitig, wann alle PR-Schalter umgelegt und die Haare grau werden mussten.

Klaus Wowereit versteht Berlin nicht nur, nein: Er ist Berlin. Pampig, ewig halbstark, schlagfertig, robust. Nichts ficht ihn an. Er kann sogar mehr als zwei Worte finden: Berlin "hat eine Ausstrahlung, eine Anziehung, eine Wildheit und auch eine Schönheit..." Ja, auch das ist O-Ton Wowereit. Und das ist auch gut so, was er, wie mir gerade einfällt, damals nicht seiner Bewerbung, sondern dem schwulen Outing anfügte. Mein Sohn wusste schon mit acht Jahren, warum alle Frauen Schwule mögen: "Die tun euch nichts." Ein anderer Bürgermeister kommt für Berlin doch gar nicht Frage!

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