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Helmut Kohl

© dpa

Porträt: Warum Helmut Kohl den Friedensnobelpreis verdient hätte

Die Einheit wäre ohne Kohls Mut, seine Beharrlichkeit und seine tiefe europäische Gesinnung nicht möglich geworden. Deutschland wäre heute nicht das, was es ist, Angela Merkel nicht Bundeskanzlerin.

Was, er hat ihn noch nicht, den Friedensnobelpreis? Wahrscheinlich denken viele Deutsche – und auch Ausländer –, dass Helmut Kohl damit längst ausgezeichnet worden ist, er, der „Kanzler der Einheit“. Aber nein, bisher nicht.

Und so wird es Zeit. Der Mann, der wie eine deutsche Eiche war, groß und mit den Jahren immer stattlicher, wirkte jetzt bei den Einheitsfeiern hinfälliger denn je. Das Sprechen fällt dem 80-Jährigen schwer, das Denken nicht. Noch immer ist sein Thema Europa, die „zweite Seite der Medaille deutsche Einheit“, wie Kohl nie müde wird zu sagen. Das sagt er so deutlich, dass ihn jeder verstehen kann.

Kohl hat – wie er zuweilen selbst eingesteht – als Regierungschef etliche Fehler gemacht, vielen auf die Füße getreten, immer mit Macht regiert. Doch dieses eine Mal, als es darauf ankam, als er sich entscheiden musste, was er ist, da wuchs er noch einmal – und zwar über sich hinaus, bis zum Staatsmann. Diese Leistung wird bleiben. Dieser Triumph, der ein gesamtdeutscher war, wäre ohne seinen Mut, seine Beharrlichkeit und seine tiefe europäische Gesinnung nicht möglich geworden. Deutschland wäre heute nicht das, was es ist, Angela Merkel nicht Bundeskanzlerin.

„Menschen und Mächte“ heißt ein Buch seines Vorgängers Helmut Schmidt. Der hielt ihn lange für einen Simpel. Längst scheint auch er den Mann aus Oggersheim, einem Reichsstädtchen übrigens, differenzierter zu sehen. So konnte Kohl, wie wenige sonst, Menschen erkennen und Mächte einschätzen. Als es um den Euro ging, zum Beispiel. Er stand für ihn. Der Euro ist auch sein Erfolg.

Helmut Kohl hat sich um Europa verdient gemacht, so sehr, dass er zum – erst zweiten – „Ehrenbürger Europas“ wurde. Dass er die Polen im Vereinigungsprozess wegen der Vertriebenen fast zu lange auf die Anerkennung der Oder-Neiße- Grenze warten ließ, hat ihm geschadet, aber nicht so sehr, dass die ihm ewig gram wären. Am Rande: Er hatte schon Gründe, rechtliche, nur kamen die so seltsam klein daher im Vergleich zum Großen, das er ansonsten bewegte.

Kohl wirbt bis heute dafür, dass die Deutschen gute Europäer sind. Dass sie mit dem heutigen Erzfreund Frankreich alles dafür tun. Das hat er der Welt versprochen, er hat es gehalten. Das ist Helmut Kohls Erbe. „Europa ist unser Schicksal“, sagt er – nie währte der Frieden auf unserem Kontinent länger. Mit einer Revolution! Ist das nicht den Friedensnobelpreis wert?

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