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PORTRÄT GÜNER BALCI JOURNALISTIN:: „Wem Sarrazin gehört? Mir natürlich!“

Muss man sich Güner Balci als glücklichen Menschen vorstellen? Schwer zu sagen, denn die Berliner Journalistin, der vor gut zehn Tagen mit einem Beitrag für die „Aspekte“-Sendung des ZDF – ein aufsehenerregender Spaziergang mit Thilo Sarrazin durch Kreuzberg – ein Coup gelungen ist, muss wegen genau dieses Beitrags auf einen weiteren journalistischen Coup verzichten: eine Langzeit-Doku zum Jahrestag von Sarrazins Biologismus-Pamphlet „Deutschland schafft sich ab“.

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Muss man sich Güner Balci als glücklichen Menschen vorstellen? Schwer zu sagen, denn die Berliner Journalistin, der vor gut zehn Tagen mit einem Beitrag für die „Aspekte“-Sendung des ZDF – ein aufsehenerregender Spaziergang mit Thilo Sarrazin durch Kreuzberg – ein Coup gelungen ist, muss wegen genau dieses Beitrags auf einen weiteren journalistischen Coup verzichten: eine Langzeit-Doku zum Jahrestag von Sarrazins Biologismus-Pamphlet „Deutschland schafft sich ab“. Diesen Film hatte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) bei Balci und einer Berliner Produktionsfirma vor längerer Zeit bestellt. Und nun wieder abbestellt, weil der RBB jenen aufsehenerregenden Spaziergang in Kreuzberg vertragsgemäß lieber bei sich zuerst und eben nicht mit Balci im ZDF gesehen hätte.

Dumm gelaufen. Und schade drum, nach allem, was man hört, wäre in diesen 45 Minuten unter Balcis Ägide noch mehr oder weniger Entlarvendes hinter der Fassade der Familie Sarrazin zum Vorschein gekommen: Prahlereien mit früheren Liebschaften, Misstrauen gegenüber Döner oder Sarrazins Versuche, nicht über seinen psychisch kranken Sohn zu reden. Das alles aus einem misstrauischen Menschen herausbekommen zu haben, ist Balcis Verdienst.

Ob man dem Mann überhaupt so viel medialen Raum geben muss, ist eine Frage, die sich für die ehrgeizige Fernsehredakteurin und Schriftstellerin („Arabboy – Eine Jugend in Deutschland oder das kurze Leben des Rashid A.“, erschienen 2008 bei S. Fischer) türkisch-kurdischer Herkunft offenbar nicht gestellt hat. Balci genießt den Ruf, unabhängigen Journalismus zu betreiben. Ihre Eltern kamen in den 1960er Jahren als Arbeitsmigranten nach Deutschland. Sie wurde 1974 in Neukölln geboren, wuchs dort auch auf. Nach dem Studium der Erziehungs- und Literaturwissenschaften arbeitete Balci als Sozialarbeiterin in einem Projekt zur Gewalt- und Kriminalprävention in einem sozialen Brennpunkt Neuköllns. Als Journalistin befasst sie sich mit der Situation von Migranten in der deutschen Gesellschaft. Bis Ende 2008 war sie beim ZDF für „Frontal21“ als Redakteurin tätig.

Das ZDF scheint’s ihr offenbar angetan zu haben. Nun, nach dem „Aspekte“-Ausflug und dem RBB- Aus, ist Balci vor der Medienlawine abgetaucht und wollte mit niemandem sprechen. Der „Süddeutschen“ verriet sie lachend: „Wem Sarrazin gehört? Mir natürlich!“ Markus Ehrenberg

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