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Merkel in Afghanistan: Wie im Krieg

Die Kanzlerin will die Dinge in Afghanistan „beim Namen nennen“, wie sie sagt. Lange Zeit war das Wort „Krieg“ in der Bundesregierung verpönt. Viele Soldaten im Einsatz fühlten sich verhöhnt.

Denn für sie ist das, was sie in Kundus Tag für Tag erleben, genau das: Krieg. Dann traute sich der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, von kriegsähnlichen Zuständen auch im Norden Afghanistans zu sprechen, dort, wo die Deutschen eingesetzt sind. In diesem Jahr haben schon neun Bundeswehrsoldaten ihr Leben am Hindukusch verloren, die Lage ist viel ernster als beim vorigen Besuch der Kanzlerin im Frühjahr 2009. Jetzt kommt auch sie vor Weihnachten noch einmal vorbei – und spricht von Krieg. Sie sagt, dass die Soldaten in Gefechten stehen, so wie Soldaten das in einem Krieg tun. Wie im Krieg.

Es bleibt ein seltsames Gefühl zurück. Wie im Krieg. Die CDU-Politikerin will den Soldaten sagen, dass sie versteht, was sie tun, was sie erleben. Die Soldaten kämpfen wie in einem Krieg. Aber sie will auf keinen Fall sagen, Deutschland sei im Krieg. Das hätte weitreichende Konsequenzen. Also fügt Angela Merkel hinzu, es sei ein Krieg innerhalb des Landes. Mag sein, dass die Soldaten zufrieden sind, dass die Regierungschefin endlich das K-Wort ausgesprochen hat. Ein „beim Namen nennen“ aber war das nicht.

Für die Familien von Soldaten mag es etwas weltfremd klingen, wenn Merkel sagt, das, was die Soldaten erleben, hätten sich die Deutschen bisher nur von ihren Eltern und Großeltern erzählen lassen oder aus Geschichtsbüchern gekannt. Wer seinen Bruder, Freund, Ehemann, seine Tochter, Freundin, Ehefrau in den Einsatz verabschiedet, kennt schon seit geraumer Zeit die brutalen Realitäten dieses Krieges. Hat es wirklich so lange gedauert, bis an der Spitze der Regierung angekommen ist, was die Männer und Frauen in Afghanistan durchstehen? Oder weiß die Kanzlerin nur nicht, wie sie diese Dinge beim Namen nennen soll?

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