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Agrarminister Özdemir will verhindern, dass millionenschwere Strafzahlungen auf Deutschland zukommen

© dpa/Soeren Stache

Zu viel Nitrat im Grundwasser: Özdemir muss zeigen, dass die Grünen effektiver sind

Die EU-Kommission bemängelt den hohen Nitratgehalt im Grundwasser. Grünen-Agrarminister Özdemir muss zeigen, dass er das Problem besser löst als die große Koalition.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir verfolgt einen ehrgeizigen Plan. Er will den Nitratgehalt im Grundwasser drastisch senken. Die gesundheitsgefährdende Belastung kommt vor allem zu Stande, weil Landwirte zu viel Düngemittel wie Stickstoffdünger verwenden. Für den Grünen-Minister stellen die Nitrate im Grundwasser eine besondere Belastung dar - schließlich muss er zeigen, dass er es schafft, das Problem in den Griff zu bekommen - anders als seine Amtsvorgängerin Julia Klöckner (CDU).

Man könnte meinen, dass die hohen Gaspreise indirekt auch dazu führen, dass sich Deutschlands Grundwasser-Problem irgendwann von allein löst. Die Überlegung geht so: Weil die Preise für die wichtigsten Stickstoffdünger zurzeit explodieren, werden die Bauern sie demnächst sparsamer einsetzen.

Aber bis jetzt hat sich am übermäßigen Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft nichts geändert. Das geht aus dem Bericht zur Umsetzung der Umweltpolitik hervor, den EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius am Donnerstag in Brüssel vorstellte. Der Bericht ist eine Art Zeugnis der Brüsseler Behörde für die Umweltpolitik in den 27 EU-Staaten. Wenn es um die Nitratbelastung geht, erhält Deutschland eine schlechte Note.

EU-Kommission sieht „anhaltende, akute Probleme“

Wie aus dem Bericht hervorgeht, bleibt die Wasserbelastung durch Nitrat „besorgniserregend“. Zudem bescheinigt der Bericht „anhaltende, akute Probleme“, weil sich Nährstoffe in gefährlichem Maße in der Nord- und Ostsee ansammeln. Denn über die Flüsse gelangen die Stickstoffe aus der Landwirtschaft ins Meer. Von allen Mitgliedstaaten der EU hat Deutschland die zweithöchste Anzahl von Messstellen, an denen ein durchschnittlicher Nitratgehalt von mehr als 50 Milligramm pro Liter gemessen wurde.

Dabei erlaubt die Nitratrichtlinie der EU aber höchstens einen Grenzwert von 50 Milligramm. Wegen der Überschreitung der Grenzwerte kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2018 in einem Urteil gegen Deutschland zu dem Schluss, dass die damalige Düngeverordnung nicht ausreichte. Aber trotzdem hat sich am Ende des vergangenen Jahrzehnts - während der Amtszeit von Özdemirs Amtsvorgängerin Klöckner - nichts daran geändert, dass die Nitratwerte in Deutschland viel zu hoch sind.

Seit dem vergangenen Dezember ist Özdemir als Minister dafür verantwortlich, den Bauern bei der Verwendung der Düngemittel genauer als in der Vergangenheit auf die Finger zu schauen. Es liegt nun an dem Grünen zu zeigen, dass er tatsächlich effektiver gegenüber dem übermäßigen Einsatz von Mineraldüngern, Gülle und Co. vorgeht als seine Vorgängerin. Einen ersten Teilerfolg kann er schon einmal verbuchen: Im vergangenen Sommer gelang es ihm, die Bundesländer von der Ausweisung so genannter „roter Gebiete“ zu überzeugen, die als besonders nitratbelastet gelten und in denen die Bauern 20 Prozent weniger Stickstoff einsetzen müssen.

In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob es Özdemir gelingt, die Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung der „roten Gebiete“ wirksam umzusetzen. Dabei sind auch die Bundesländer in der Pflicht. Sie müssen dafür sorgen, dass ein enges Netz an Messstellen aufgebaut wird, welches genauere Daten über die Nitrate im Grundwasser liefert. Über der Bundesregierung schwebt dabei weiter das Brüsseler Damoklesschwert. Sollte sich die Vorschrift für die „roten Gebiete“ lediglich als Papiertiger erweisen, muss Deutschland mit einer Strafzahlung von bis zu rund 800.000 Euro täglich rechnen – rückwirkend ab dem Jahr 2018. 

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