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US-Präsident Barack Obama bei seinem historischen Besuch im Mai 2016 in Hiroshima.

© Toru Hanai, Reuters

75 Jahre nach Hiroshima: Entschuldigen werden sich die USA für den Atombombenabwurf nicht

Für die meisten Amerikaner steht fest: Die Atombomben haben das Krieg und die Leiden verkürzt. Das und mehr in "Twenty/Twenty", dem Newsletter zur USA.

An diesem 6. August vor 75 Jahren zündeten die USA eine Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima, drei Tage später über Nagasaki. Gezielt wurden Zivilisten getötet, mehr als 200.000 Menschen starben. Es war der erste und bislang letzte Einsatz von Atomwaffen in einer militärischen Auseinandersetzung.

Als US-Präsident Harry Truman den Befehl dazu gab, wollte er das Ende des Zweiten Weltkriegs beschleunigen. Eine Landinvasion amerikanischer Truppen, mit womöglich langen und verlustreichen Schlachten, sollte vermieden werden. Das gelang. Am 15 August 1945 verkündete Kaiser Hirohito die bedingungslose Kapitulation seines Landes.

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Im Mai 2016 reiste Barack Obama als erster amtierender US-Präsident nach Hiroshima. Er sprach über die „stummen Schreie“ der Bewohner der Stadt. Es war eine mutige Versöhnungsgeste. Doch weder nannte er die Tat falsch, noch entschuldigte er sich für sie. Denn bis heute gilt in den USA der damalige Einsatz von Massenvernichtungswaffen als zwar bedauerlich, aber notwendig. Eine offizielle Entschuldigung lehnt die Mehrheit der Bevölkerung ab. Auch Donald Trump wird von dieser Linie nicht abweichen. Eine Großmacht bereut nicht.

Eine goldene Bronze mit zwei Kranichen

Oder wenn, dann auf ihre eigene Art. Vor zwanzig Jahren wurde in Washington DC das „Japanese American Memorial to Patriotism During World War II“ eingeweiht. Es steht auf einem kleinen Platz, etwa 500 Meter vom Hauptbahnhof und 600 Meter vom Kapitol entfernt. Mit Hiroshima hat es nichts zu tun, sondern gedacht wird der rund 120.000 japanischstämmigen Amerikaner, die nach dem Überfall auf Pearl Harbor auf Befehl von Franklin D. Roosevelt – Executive Order 9066 - zum Teil mehr als drei Jahre lang in Lagern interniert worden waren. Sie wurden pauschal verdächtigt, ihrem Ursprungsland gegenüber loyal zu sein, also zu Japan zu halten. Das war ihr einziges Vergehen.

Das Denkmal ist in Form eines großen S angelegt. Im ersten Halbrund steht eine goldene Bronze mit zwei Kranichen, die versuchen, sich aus einem Stacheldrahtgewirr zu befreien. Auf Granittafeln drumherum sind die Orte der Lager und die Zahl der Internierten eingraviert.

Die Gefühlslage der meisten Amerikaner ist zwiespältig

Gewissermaßen neutralisiert wird die Zerknirschung durch eine weitere große Granitplatte, die vor dem zweiten Halbrund angebracht ist. Auf ihr stehen die Namen von etwa 800 japanischstämmigen Amerikaner, die an der Seite der Alliierten gekämpft (The Purple Heart Battalion 442“) und für die gute Sache ihr Leben gelassen haben. Ein japanischstämmiger Amerikaner wird mit diese Bekenntnis zu Amerika zitiert: „Ich glaube an diese Nation, an ihre Ideale und Traditionen. Ich bin stolz auf ihre Geschichte, und ich vertraue auf ihre Zukunft.“

So hält sich das Gedenken an die Opfer der Internierungen mit der Ehrung der Kriegshelden und dem Lob an die Adresse der USA die Waage. Ein Wasserensemble und eine Glocke runden den Eindruck ab.

75 Jahre nach dem Abwurf einer Atombombe auf Hiroshima („Little Boy“ wurde sie genannt) ist die Gefühlslage der meisten Amerikaner ähnlich zwiespältig: Die Trauer über die Opfer wird begleitet von der Überzeugung, im Recht gewesen zu sein.

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