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Um seine Nachfolge geht es – der zurückgetretene Präsident Napolitano.

© AFP

Präsidentschaftswahl in Italien: Abstimmen laut Stallorder

Wie Premier Renzi in Italien die Entscheidung über den künftigen Staatschef und Nachfolger von Napolitano diktiert.

Eineinhalb Tage dauert die Prozedur bereits. Dreimal müssen 1000 Abgeordnete wählen, dreimal 1000 Stimmzettel muss Parlamentspräsidentin Laura Boldrini vorlesen, jeden einzeln. Dabei wissen alle, dass nichts herauskommen wird, nichts herauskommen darf in diesen ersten drei Runden zur Wahl des neuen italienischen Staatspräsidenten. Diesen Samstag soll der Nachfolger Giorgio Napolitanos gekürt werden, im vierten Wahlgang. Gekrönt fühlen wird und darf sich dann aber ein anderer: Regierungschef Matteo Renzi. Sofern alles so läuft, wie er es eingefädelt hat.

Renzi hat in einem ebenso taktischen wie personellen Coup wieder einmal alle überrumpelt. Silvio Berlusconi, der bis kurz vor Wahlbeginn glaubte, mit dem Chef der Sozialdemokraten über einen Präsidentschaftskandidaten verhandeln zu können, sah sich auf einmal ausmanövriert. Renzi diktierte einen Kandidaten, den Berlusconi genau nicht wollte: Sergio Mattarella, 73 Jahre alt, Verfassungsrichter, aus dem linken Flügel der untergegangenen Democrazia Cristiana in die Reihen der Sozialdemokraten gewandert, mehrfach Minister, seit 2008 nicht mehr parteipolitisch aktiv.

Teile in Renzis eigener Partei, die den Premier bis dahin beschuldigt hatten, mit dem Erzfeind Berlusconi erneut zu kungeln, zeigten sich geradezu beglückt über Mattarellas Nominierung. Bei einer Probeabstimmung unter den sozialdemokratischen Delegierten sprachen sich alle für Mattarella aus. Renzi hat also geschafft, was ihm nur noch wenige zugetraut hatten: die am Rand der Spaltung stehende Partei zu einen. Die Frage war am Freitag nur, wie lange die Einigkeit vorhalten würde. Auch einem Romano Prodi ist unter den Sozialdemokraten ja allgemeine Zustimmung zuteil geworden, als er 2013 für die Staatspräsidentschaft kandidierte. Bei der Wahl selbst allerdings torpedierten ihn 101 Abgeordnete aus den eigenen Reihen.

„Eine solche Schmach, dürfen wir uns nicht noch einmal leisten“, fordert Renzi. Parteiinterne Gegner schwören, sie würden sich diesmal an die Stallorder halten. In den ersten drei Wahlgängen haben tatsächlich die meisten tatsächlich leere Stimmzettel abgegeben. So gesehen dienten diese ersten Runden auch der gegenseitigen Kontrolle. Rein rechnerisch konnte da sowieso kein Staatschef herauskommen: Eine Zweidrittelmehrheit in der „Bundesversammlung“ bringen Renzi und die anderen Mattarella-Fans nicht zustande. Deswegen die Vertagung auf Samstag, auf Wahlgang Nummer 4. Von da an reicht die absolute Mehrheit.

Und Silvio Berlusconi? Der schmollt. Da habe er, schimpfen selbst seine Getreuen, dem Regierungschef im Parlament bei so vielen Abstimmungen aus der Patsche geholfen – beim Wahlgesetz, bei der Liberalisierung des Arbeitsrechts, bei der Verschlankung des Parlaments selbst –, aber Renzi kündige kaltblütig diesen Pakt auf. Nein, Mattarella wollen wir nicht, sagen die Delegierten von Berlusconis Forza Italia.

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