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Noch bevor der SPD-Vorsitzende Martin Schulz mit den Spitzen der Union gesprochen hat, stellt seine Partei bereits Bedingungen für eine Neuauflage der GroKo.

© Kay Nietfeld/dpa

Die SPD und die große Koalition: Achtung, Scheinriese

Die SPD stellt Bedingungen für die Neuauflage von Schwarz-Rot. In ihrer Situation ist das vermessen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das hätten sie wohl gern, die Sozialdemokraten: dass Angela Merkel demütig in Verhandlungen mit ihnen geht. Nachdem doch Jamaika nicht geklappt hat. Ob sie wirklich glauben, was die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagt? Dreyer sieht ihre Partei in einer guten Verhandlungsposition. Und die Kanzlerin nicht in einer Position, Bedingungen zu stellen. Im Gegensatz zur SPD. Manchmal muss man sich wirklich fragen, ob in der Politik die Wirklichkeit eine andere ist. Will heißen: arg verzerrt.

Dass die SPD sich schwer tut mit der Vorstellung, wieder in eine große Koalition zu gehen – geschenkt. Nur hätte ihr Führungspersonal daraus lernen sollen, auch können, dass jetzt neue vorschnelle Festlegungen nur Ärger bringen – weil es am Ende doch wieder anders kommen kann. An dieses Ende zu denken, wäre also ratsam. Aber nichts da, nicht die SPD. Die weiß schon wieder alles besser, sie mit ihren Wahlstrategen von Rang. Noch ehe ihr Vorsitzender überhaupt den Kollegen Parteichefs von CDU und CSU beim Bundespräsidenten begegnet ist, noch ehe überhaupt klar ist, ob es Sinn hat, miteinander über ein Bündnis zu reden, stellt die SPD ihrerseits Bedingungen. Als hätte sie die Mehrheit erreicht. Das wirkt vermessen, um es ganz vorsichtig auszudrücken. Denn 20 Prozent berechtigen nicht zu großen Tönen; und die Aussicht, bei Neuwahlen noch schlechter abzuschneiden, weil Leute und Geld und neue Ideen fehlen, macht die ganze Sache noch schlimmer.

Keine weitere Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz; eine Bürgerversicherung im Gesundheitswesen; das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit; höhere Investitionen in Bildung, Wohnungsbau und den Breitbandausbau; die Solidarrente; dazu noch eine steuerliche Entlastung geringer und mittlerer Einkommen – glauben die Genossen im Ernst, die Union würde das übrig gebliebene SPD-Wahlprogramm unterschreiben? Die SPD soll es mal nicht übertreiben und sich nicht zum Scheinriesen aufblasen, sagt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU. Er hat recht. Scheinriesen erkennt man umso besser, je näher man ihnen kommt.

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