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Björn Höcke, noch AfD.

© REUTERS

Update

Nach Rede in Dresden: AfD-Vorstand will Höcke aus Partei ausschließen

Der AfD-Vorstand beschließt ein Parteiausschlussverfahren gegen den AfD-Rechtsaußen Björn Höcke aus Thüringen. Der Berliner AfD-Chef Pazderski begrüßt den Vorstoß.

Von Matthias Meisner

Der AfD-Bundesvorstand will ein Parteiausschlussverfahren gegen den umstrittenen Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke einleiten.

Auf Facebook veröffentlichte die AfD den Beschluss im Wortlaut: "Der Bundesvorstand der Alternative für Deutschland hat in seiner heutigen Telefonkonferenz mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit ein Parteiausschlussverfahren gegen den thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke beschlossen."

Ob der Beschluss auch eine Reaktion auf einen Rückgang in der Wählergunst ist, blieb zunächst offen. Etwa im Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen war die AfD zuletzt auf elf Prozent taxiert worden, ein Rückgang gegenüber der vorherigen Befragung um zwei Punkte. Die AfD liegt bei den Demoskopen aber immer noch vor den Oppositionsparteien Linke und Grüne.

Die Maßnahme erfolge nach eingehender juristischer Prüfung und politischer Bewertung der Rede Höckes vom 17. Januar 2017 in Dresden, erklärte die AfD. In erster Instanz werde das zuständige Landesschiedsgericht des AfD-Landesverbandes Thüringen über den beantragten Parteiausschluss zu befinden haben. Ob das Landesschiedsgericht im Sinne des Bundesvorstands entscheidet, ist fraglich - ebenso wie im Bundesschiedsgericht, das vermutlich in zweiter Instanz zu entscheiden hat, genießt Höcke dort großen Rückhalt.

Das Schiedsgericht hatte zuletzt mehrere Entscheidungen des Bundesvorstandes gekippt. Dazu zählten die von der Parteispitze geforderte Auflösung des saarländischen Landesverbandes wegen Kontakten in rechtsradikale Kreise und ein generelles Verbot von Auftritten der AfD-Politiker bei Veranstaltungen des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses.
Höcke hatte in der Rede im Dresdner Ballhaus Watzke vor der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) offensichtlich mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin von einem "Denkmal der Schande" gesprochen und eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" verlangt.

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Parteichef Meuthen rechnet mit Scheitern des Verfahrens

Zu den Vorstandsmitgliedern, die in Höckes Äußerung ein parteischädigendes Verhalten sehen, zählen AfD-Chefin Frauke Petry und die Spitzenkandidatin der baden-württembergischen AfD für den Bundestag, Alice Weidel. Der zweite Parteivorsitzende, Jörg Meuthen, stimmte nach eigenen Worten gegen das Ausschlussverfahren. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ich glaube nicht, dass dieses Verfahren aussichtsreich ist, und ich halte es auch nicht für richtig, obwohl diese Rede wirklich sehr daneben war."

Auch Höcke gab sich entspannt. "Die Entscheidung des Bundesvorstands habe ich mit Bedauern und in tiefer Sorge um die Einheit der Partei zur Kenntnis genommen", erklärte er in Erfurt. "Es ist meine Überzeugung, dass ich weder gegen die Satzung noch die Grundsätze der Partei verstoßen habe. Dem Verfahren vor der parteiinternen Schiedsgerichtsbarkeit sehe ich gelassen entgegen."

Fraktion in Thüringen ist "bestürzt"

Die AfD-Landtagsfraktion Thüringen äußerte sich "bestürzt" und nannte den Vorstandsbeschluss einen "schweren politischen Fehler". Vordergründig gehe es in dem Beschluss um die Person Höcke, inhaltlich jedoch um viel mehr. "All jene Bundesvorstandsmitglieder, die für das Parteiausschlussverfahren gestimmt haben, verfolgen damit die Absicht, Meinungen und Überzeugungen aus der Partei auszugrenzen. Ihr Vorgehen zielt auf einen gerade in Ostdeutschland überaus populären Politiker und trifft damit zugleich auch die Wähler der AfD in den neuen Bundesländern." Der Bundesvorstand wolle aus der AfD eine andere, eine weniger meinungsfreudige und weniger gesamtdeutsche Partei machen. "Damit gibt er in weiten Teilen den Gründungsanspruch auf, eine echte und basisdemokratische Alternative zu den Altparteien zu sein."

Auch Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg nannte den Beschluss einen "schweren Fehler". Die Europaabgeordnete und stellvertretende Bundesvorsitzende Beatrix von Storch sagte: "Ich trage diese Entscheidung mit, sie ist mir nicht leicht gefallen."

Pazderski: Höcke gefährdet Kampf um konservativ-liberale Mitte

Der Berliner AfD-Chef Georg Pazderski hingegen lobte den Vorstandsbeschluss. Er sagte dem Tagesspiegel: "Wir müssen ehrlich bleiben, Mut zur Wahrheit haben, und wir müssen uns morgens im Spiegel ansehen können." Deshalb sei der Beschluss "ein deutliches Signal, dass wir eine demokratische Partei sind". Ziel der AfD sei die bürgerlich konservativ-liberale Mitte. "Björn Höcke gefährdet dieses Ziel mit seinen Reden, weil er diese Wähler verschreckt."

Unterstützer von Höcke sprachen auf einer Facebook-Seite "Kein Parteiausschluss von Björn Höcke" von einer "fürchterlichen Fehlentscheidung" und forderten die Absetzung des Bundesvorstandes. Sie schrieben weiter, das Vorgehen sei ein Weg in den Mainstream, der Weg zur Annäherung an die Altparteien, der Weg an die Futtertröge, "dafür sind wir nicht angetreten".
Im ersten Anlauf war gescheitert, ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke einzuleiten.

Der Bundesvorstand stellte damals aber fest, dass die Äußerungen von Höcke im Rahmen seiner Dresdner Rede "dem Ansehen der Partei geschadet" hätten. Erforderlich sei daher die Einleitung von parteilichen Ordnungsmaßnahmen. "Derzeit prüft der Bundesvorstand alle rechtlichen und politischen Gesichtspunkte, die dabei zu bedenken sind", heißt es in dem Beschluss, der mit großer Mehrheit gefasst wurde - also nicht einstimmig. (mit ale)

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