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„AfD wird durch forsches Auftreten stabilisiert“: Forsa-Chef wirft Merz „strategischen Fehler“ beim Migrationskurs vor
Die AfD werde durch die Fokussierung des Unions-Kanzlerkandidaten auf das Thema Migration gestärkt, meint Meinungsforscher Güllner. Demnach hätte eher Wirtschaftspolitik im Mittelpunkt stehen müssen.
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Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) macht nach Einschätzung des Meinungsforschers Manfred Güllner mit dem zentralen Wahlkampfthema Migration einen „strategischen Fehler“.
Der CDU-Chef und Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag glaube, damit von der in Teilen rechtsextremen AfD Wähler zurückzugewinnen - „das ist eine krasse Fehleinschätzung, wie man sieht“, sagte Güllner dem Evangelischen Pressedienst.
Zwar habe sich der harte Kern der CDU-Anhänger durch die Merz-Strategie eher bestärkt gefühlt und wandere auch nicht ab, so Güllner. Allerdings werde die AfD „durch das forsche Auftreten von Merz in der Migrationsfrage eher stabilisiert“.
Der Gründer und Co-Geschäftsführer des Umfrageinstituts Forsa, der selbst SPD-Mitglied ist, erinnerte daran, dass die Unionsparteien in Umfragen kurz nach dem Bruch der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP im November 2024 auf 33 bis 34 Prozent Zustimmung kamen. Mittlerweile erreichten CDU und CSU nur noch Werte um die 30 Prozent oder sogar darunter.
Der strategische Fehler von Merz ist, dass er und Teile der Union glaubten, sie könnten von der AfD durch die Überbetonung des Themas Migration Wähler zurückgewinnen. Das ist eine krasse Fehleinschätzung.
Manfred Güllner, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Forsa
Das wichtigere Thema für die meisten Menschen mit Ausnahme der AfD-Anhänger sei die ökonomische Lage, sagte Güllner. „Darum hätten sich die Parteien schwerpunktmäßig kümmern müssen und nicht nur um die Migrationsfrage.“
Das Abschneiden der Union in den Umfragen habe „natürlich etwas damit zu tun, was im Bundestag passiert ist“, erklärte Güllner mit Blick auf Abstimmungen Ende Januar über eine Resolution und einen Gesetzentwurf der Unionsfraktion zum Thema Migration, für die Merz die Stimmen der AfD billigend in Kauf genommen hatte.
„Was die Union eigentlich wegen der Unzufriedenheit mit der Ampel hätte gewinnen können, das hat sie eben dadurch nicht geschafft“, zeigte sich der Meinungsforscher überzeugt. Allerdings fühlten sich die CDU-Anhänger „natürlich eher bestärkt“ durch Merz' Agieren - „die wandern nicht ab“, erklärte Güllner.
Migrationsdebatte führte zur „Renaissance der Linken“
Profitiert habe indes auch die Linke. „Die Renaissance der Linken hat sich durch das, was im Bundestag passiert ist und wie die Linke sich dazu verhalten hat, verstärkt“, sagte der Forsa-Chef. Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek habe in der Migrationsdebatte gepunktet.
Ihre Partei komme jetzt - anders als zunächst geplant - „wahrscheinlich ohne die drei Direktmandate und die Grundmandatsklausel glatt in den Bundestag“.
Die Grundmandatsklausel greift, wenn eine Partei zwar mit der wichtigeren Zweitstimme an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, aber mindestens drei Direktmandate bundesweit holt. In diesem Fall wird sie bei der Sitzverteilung entsprechend dem Verhältnis ihrer Zweitstimmen berücksichtigt. (epd)
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