Karsai-Besuch: "Afghanistan-Strategie bewährt sich"
Kanzlerin Angela Merkel hat bei einem Treffen mit dem afghanischen Ministerpräsidenten Hamid Karsai bekräftigt, das Engagement in seinem Land weiterzuführen. Bei den Gesprächen ging es auch um die verschleppten Deutschen im Irak.
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Berlin - Einen Tag vor dem Fristablauf der Entführer hat die Bundeskanzlerin ein Nachgeben der Bundesregierung ausgeschlossen. Es müsse klar sein, "dass die Bundesregierung nicht erpressbar sein kann", sagte Merkel (CDU). Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes arbeite weiter "auf Hochtouren" für eine Freilassung der Geiseln. Karsai bekräftigte, dass mit einem Nachgeben gegenüber den Geiselnehmern die Bedrohung nicht sinken, sondern wachsen würde.
Die beiden Deutschen, eine 61-jährige Frau und ihr Sohn, waren Anfang Februar im Irak verschleppt worden. In einem im Internet veröffentlichten Video hatten ihre Entführer am Samstag vor einer Woche damit gedroht, die Geiseln zu töten - sollte die Bundesregierung nicht bis Dienstag einen vollständigen Abzug ihrer Soldaten aus Afghanistan beschließen und damit auch beginnen.
Unterdessen kommt der in Afghanistan entführte italienische Journalist Daniele Mastrogiacomo nach Angaben Karsais in diesen Stunden frei. "Wir haben versucht, alles zu tun, um seine Freilassung herbeizuführen." Der 52-jährige Mastrogiacomo war vor knapp zwei Wochen im Süden Afghanistans verschleppt worden. Die Entführer hatten zunächst die Regierung in Rom aufgerufen, einen Zeitplan für den Abzug der rund 1900 italienischen Soldaten aus Afghanistan festzulegen. Später schwächten sie ihre Forderungen ab.
Einsatz in Afghanistan geht weiter
Neben den Entführungen sprachen Merkel und Karsai über den Wiederaufbau Afghanistans. Deutschland werde sich weiter engagieren, sagte Merkel. Das "Mehr-Säulen-Konzept", das neben der Stationierung deutscher Soldaten in Afghanistan auch die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte sowie entwicklungspolitische Zusammenarbeit vorsehe, habe sich bewährt. Allerdings könne noch manches für den Wiederaufbau des Landes getan werden. "Es muss zielstrebig weiter gearbeitet werden an den Infrastruktur-Projekten", sagte die Kanzlerin. Insbesondere die Stromversorgung in Afghanistan müsse trotz schwieriger geografischer Bedingungen verbessert werden.
Zugleich mahnte Merkel, dass die afghanische Regierung stärker gegen Korruption und Drogenanbau vorgehen müsse. Karsai versprach ein weiteres staatliches Eingreifen. Allerdings dürfe kein falsches Bild von Afghanistan gezeichnet werden. In den vergangenen fünf Jahren habe das Land "enorme Fortschritte" gemacht. Einen Kriegszustand gebe es nicht.
"Deutscher Beitrag stärkt die Sicherheit in Europa"
Karsai, der sich sich mehrere Tage in Deutschland aufhielt, hatte am Sonntagabend mehr internationale Hilfe für die afghanische Armee und die Polizei seines Landes gefordert, ohne jedoch Deutschland konkret anzusprechen. "Wir brauchen eine gut trainierte und ausgerüstete Armee." Dies werde für die internationale Gemeinschaft im Endeffekt preiswerter als die gegenwärtige Stationierung eigener Militäreinheiten in seinem Land.
Afghanistan wäre mit 70.000 gut trainierten Soldaten zufrieden, sagte Karsai. Dies ist bisher die Obergrenze, die die Staatengemeinschaft Afghanistan im "Petersberger Abkommen" zugestanden hat. Außenminister Spanta sprach davon, dass man eine Afghanisierung des Anti-Terror-Kampfes in seinem Lande brauche. Die einheimische Bevölkerung sei bereit, diesen Kampf auch selbst zu führen. "Wir müssen nur in die Lage versetzt werden." Nach seiner Auffassung wäre vor allen Dingen eine bessere Ausbildung und Bezahlung der Polizei notwendig, um die Staatsmacht zu stabilisieren.
Dankbar äußerte sich Karsai zur deutschen Unterstützung. Er hob die Wichtigkeit des Einsatzes von Bundeswehr-Soldaten für den Frieden in seinem Land hervor: "Wir denken, dass diese Beiträge die Sicherheit in Afghanistan stärken und auch die Sicherheit in Europa." (tso/AFP/dpa/ddp)
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