
© imago/Andreas Gora/IMAGO/Andreas Gora
Als „kleiner Nazi“ und „drecks Suffkopf“ beschimpft: Merz stellte als Fraktionschef hunderte Strafanzeigen wegen Beleidigung
In seiner Zeit als Abgeordneter ließ Friedrich Merz Beleidigungen gegen ihn in sozialen Medien strafrechtlich verfolgen. Einem Medienbericht zufolge wurden auch Hausdurchsuchungen durchgeführt.
Stand:
Bundeskanzler Friedrich Merz hat während seiner Zeit als Unions-Fraktionschef im Bundestag hunderte Strafanzeigen wegen Beleidigungen gestellt. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf der Zeitung vorliegende Dokumente wie Strafanträge, Ermittlungsakten und juristische Korrespondenzen.
Dem Bericht zufolge richteten sich die Strafanzeigen gegen Menschen, die Merz in sozialen Medien unter anderem als „Arschloch“, „kleinen Nazi“ oder „drecks Suffkopf“ bezeichnet hatten. In den beiden letztgenannten Fällen wurden Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigten durchgeführt, berichtet die „Welt“. Die Hausdurchsuchung wegen der Bezeichnung von Merz als „drecks Suffkopf“ sei von einem Gericht nachträglich für rechtswidrig erklärt worden.
Büro von Merz bestätigt strafrechtliche Verfolgung
Sein früheres Abgeordnetenbüro habe auf Anfrage der Zeitung bestätigt, dass Merz als Bundestagsabgeordneter in der letzten Legislaturperiode „einige Beleidigungen gegen seine Person in den Sozialen Medien strafrechtlich verfolgen“ ließ. Die dadurch erwirkten Schadensersatzzahlungen und Geldstrafen seien in voller Höhe für soziale Zwecke gespendet worden.
Die meisten der Strafanzeigen wurden der „Welt“ zufolge von Rechtsanwalt und FDP-Politiker Alexander Brockmeier unterschrieben. Dieser ist Mitbegründer der Agentur „So Done“, die im Netz algorithmusgesteuert nach Beleidigungen gegen ihre Klienten sucht und zur Anzeige bringt. Auch Robert Habeck hatte den Dienstleister für die Verfolgung von Beleidigungen gegen seine Person in sozialen Medien genutzt.
Zudem hatten der „Welt“ zufolge in der Vergangenheit weitere Spitzenpolitiker wie Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und Nordrheinwestfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) den Dienst in Anspruch genommen.
Habeck hatte im Sommer des vergangenen Jahres eine Debatte darüber ausgelöst, wie verhältnismäßig eine solche strafrechtliche Verfolgung durch Politiker ist. Vor allem, wenn diese in Hausdurchsuchungen mündet. Von April 2023 bis August 2024 hatte Habeck 700 Strafanzeigen wegen Hassnachrichten und Beleidigungen gestellt.
Eine Sprecherin von Habecks Ministerium hatte damals mitgeteilt, dass man in den Verfahren auf die Löschung von strafrechtlich relevanten Kommentaren dränge und die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung sowie die Zahlung einer Geldentschädigung einfordere. Auch Habeck hatte das Geld – „abzüglich der entstehenden Kosten“ – gespendet. (mira)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: