
© dpa/ Renato Pajuelo
Anhaltende Proteste in Peru: Abgesetzter Präsident Castillo muss in U-Haft bleiben
Protestierende fordern den Rücktritt der neuen Präsidentin – und die Freilassung ihres Vorgängers. Ein Gerichtsbeschluss bestätigt nun jedoch sah dessen Haft jedoch als gerechtfertigt an.
Stand:
Das oberste Gericht in Peru hat den Berufungsantrag des vom Parlament abgesetzten Präsidenten Pedro Castillo gegen seine Untersuchungshaft abgelehnt. Das teilte das Gericht nach einer Anhörung via Twitter am Dienstag mit.
Richter César San Martín Castro war dem peruanischen Sender „RPP Notícias“ zufolge der Auffassung, dass die Ermittlungen gegen Castillo wegen des Vorwurfs der Rebellion gerechtfertigt seien. Dieser Straftatbestand sei nämlich nicht nur im Falle eines bewaffneten Aufstands erfüllt, sondern auch beim Versuch, die demokratische Ordnung aufzuheben und die gesamte politische Macht in einer Hand zu konzentrieren.
Mit der Auflösung des Kongresses hatte der Linkspolitiker Castillo einem Misstrauensvotum im Parlament zuvorkommen wollen. Sowohl sein eigenes Kabinett als auch die Opposition warfen ihm einen Staatsstreich vor, weshalb der frühere Dorfschullehrers am Mittwoch vergangener Woche des Amtes enthoben und festgenommen wurde.
„Ich werde zu Unrecht und willkürlich festgehalten“, sagte Castillo in der Anhörung. Er werde niemals die Sache des Volkes aufgeben. Polizei und Streitkräfte forderte der Ex-Präsident auf, „die Waffen niederzulegen und aufzuhören, das nach Gerechtigkeit dürstende Volk zu töten“.
Im Süden und Südosten Perus, wo Castillo besonders viele Anhänger hat, kam es in den vergangenen Tagen zu teils gewaltsamen Protestaktionen gegen dessen Absetzung sowie Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.
Militär übernimmt Kontrolle über Flughäfen
Wegen der anhaltendem Proteste hat das Militär die Kontrolle wichtiger Infrastrukturen übernommen. Der Schutz von Flughäfen und Wasserkraftwerken sei nötig, da die Proteste im ganzen Land andauerten, teilte Verteidigungsminister Alberto Otarola am Dienstag mit.
Am Montag hatten rund 2000 Demonstranten den Flughafen der zweitgrößten Stadt des Landes lahmgelegt. Wie ein AFP-Fotograf berichtete, blockierten die Demonstranten in der Andenstadt Arequipa Start- und Landebahn des Flughafens mit Steinen, brennenden Reifen und Holz und beschädigten die Beleuchtungsanlagen.
Die Regierung werde auch den Ausnahmezustand über das Autobahnnetz des Landes verhängen, um freien Verkehr zu gewährleisten, so Otarola.
Nachfolgerin will Neuwahlen vorziehen
Vize-Präsidentin Dina Boluarte wurde als neue Staatschefin vereidigt. Tausende Menschen forderten den Rücktritt von Castillos Nachfolgerin, die Auflösung des Parlaments, baldige Neuwahlen und die Freilassung des inhaftierten Ex-Präsidenten.
Boluarte selbst hatte am Montag nach dem Tod von zwei Teenagern bei Protesten angekündigt, die Wahlen um zwei Jahre auf April 2024 vorziehen zu wollen.

© Reuters/Alessandro Cinque
Laut der Ombudsfrau für Menschenrechte, Eliana Revollar, wurden in Peru bereits mehrere Menschen durch Schüsse getötet. Der Flug- und Zugverkehr in verschiedenen Gegenden des Andenlandes wurde ausgesetzt, das Polizeiaufgebot auf den Straßen der Hauptstadt Lima erhöht.
Innenminister César Cervantes erklärte für die Regionen Apurímac, Arequipa und Ica den Ausnahmezustand. Dort hatte es bei Protesten und Zusammenstößen mit Sicherheitskräften Tote und Verletzte gegeben.
Wegen Rebellion in Untersuchungshaft
Castillos Regierung hatte bereits seit seinem Amtsantritt im Juli 2021 unter Druck gestanden. Wegen verschiedener Vorwürfe und Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten. Erst kürzlich hatte Castillo eine neue Kabinettschefin ernannt – die fünfte Person im Amt in knapp eineinhalb Jahren.
Der 53-Jährige selbst hatte da schon zwei Amtsenthebungsverfahren überstanden. Castillo kam wegen des Vorwurfs der Rebellion zunächst bis Dienstag in Untersuchungshaft. Eine außerordentliche Sitzung des Kongresses über die rechtliche Situation des Ex-Präsidenten endete am Sonntag im Chaos.
Der Kongress wirft ihm „dauerhaft moralische Ungeeignetheit“ für das Amt vor, wegen Korruptions- und Plagiatsvorwürfen laufen einige Ermittlungsverfahren. Doch auch der peruanische Kongress steht im Verruf, korrupt zu sein.
In ihrer Antrittsrede als Präsidentin hatte Boluarte die Peruaner zur Einheit und zu einem breiten Dialog „zwischen allen politischen Kräften“ aufgerufen. Die 60-jährige Juristin ist die erste Staatschefin in der Geschichte des Andenstaats. Als solche hat sich die Organisation Amerikanischer Staaten hinter sie gestellt. (AFP, dpa, Reuters)
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