
© picture alliance/dpa/Uwe Anspach
Anklage erhoben: Attentäter von Mannheim wurde offenbar von radikalen Chatpartnern aufgestachelt
Ende Mai tötete Sulaiman A. in Mannheim den Polizisten Rouven L. mit einem Messer. Nun erhebt die Bundesanwaltschaft Anklage. Der Afghane soll sich online radikalisiert haben.
Stand:
Der Messerattentäter von Mannheim, Sulaiman A., hat sich offenbar über Monate hinweg online radikalisiert. Das berichtete „Der Spiegel“ am Freitag unter Berufung auf die Anklage der Bundesanwaltschaft beim Oberlandesgericht Stuttgart. Demnach sei es den Fahndern gelungen, einen Teil der Kommunikation des Angeklagten über den Kurznachrichtendienst Telegram zu rekonstruieren.
Aufgefallen seien dabei Chats mit „radikalen Einflüsterern und Pseudo-Islamgelehrten“, deren Identität in vielen Fällen allerdings nicht geklärt werden konnte. Mit zunehmendem Chatverlauf seien die Inhalte offenbar immer extremer geworden, heißt es. So soll der Angeklagte einem Chatpartner beispielsweise geschrieben haben, mit „Gottlosen“ könne es keinen Frieden geben.
Nachdem die Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan übernommen hatten, habe sich der 25-jährige Afghane zunächst für die Islamisten interessiert. Später habe er sich dann aber von den Taliban abgewendet, weil sie ihm nicht radikal genug gewesen sein sollen. Stattdessen soll er dann mit der Terrororganisation „Islamischer Staat“ sympathisiert haben. Direkte Kontakte mit dem IS konnten die Ermittler jedoch offenbar nicht nachweisen. Laut „Spiegel“ soll ein von A. genutztes Handy verschwunden sein.
Die Bundesanwaltschaft geht dem Bericht nach davon aus, dass A. seit Anfang 2023 darüber nachgedacht habe, Gewalttaten im Namen des Islam zu verüben. Beispielhaft wird ein Chat aufgeführt, bei dem es offenbar darum ging, wie mit Menschen umgangen werden soll, die den Koran verbrennen. A. habe dazu geschrieben, dass er „mit Gottes Willen“ diese „Gottesfeinde“ töten werde.
Tatmesser im Internet bestellt
A. hatte am 31. Mai eine Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz angegriffen und den bekannten Anti-Islam-Aktivisten Michael Stürzenberger sowie weitere Männer mit einem Messer verletzt. Dem herbeigeeilten Polizisten Rouven L. stieß er die Klinge in den Kopf, der Beamte starb im Krankenhaus. Das Tatmesser soll er sich im Internet bestellt haben.
Die Bundesanwaltschaft hat nun Anklage erhoben. Sie wirft A. Mord und fünffachen Mordversuch aus islamistischen Motiven vor. A. selbst soll bislang nicht ausgesagt haben. Auch sein Verteidiger habe sich gegenüber dem „Spiegel“ nicht äußern wollen, heißt es.
Die Bundesanwaltschaft glaubt, A. habe bei dem Attentat sterben wollen. Es sei sein Ziel gewesen, zum „Märtyrer“ zu werden, vermuten die Ermittler. Noch unmittelbar vor der Tat habe er versucht, einen seiner radikalen Chatpartner zu erreichen, allerdings vergeblich. Am Tag der Tat soll er sich außerdem die Haare und seinen Bart gestutzt haben. Seiner Mutter im Iran habe er eine Nachricht geschrieben, die nach einer Abschiedsbotschaft geklungen haben soll. (cz)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: