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Rechtsextremer Angeklagter bei einem Gerichtsprozess.

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Exklusiv

Rechte Szene: Anteil gewaltbereiter Rechtsextremisten bleibt hoch

Zwar ist die rechte Szene zahlenmäßig etwas schwächer geworden - dennoch bleibt der Anteil der gewaltbereiten Rechtsextremisten hoch, proportional steigt er sogar.

Von Frank Jansen

Die rechtsextreme Szene ist etwas schwächer geworden, bleibt aber gefährlich. Im vergangenen Jahr sank das Spektrum aus Parteien, Vereinen und unabhängigen Neonazis nach Informationen des Tagesspiegels aus Sicherheitskreisen unter die Marke von 22 000 Personen. „Wir gehen von einem Rückgang um 400 Rechtsextremisten aus“, hieß es. Die Gesamtzahl liege jetzt bei ungefähr 21 750 Personen. Für das Jahr 2012 hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz insgesamt 22 150 Rechtsextremisten genannt. Somit setzt sich der seit Jahren zu beobachtende Schrumpfprozess fort. Im Jahr 2008 hatte der Verfassungsschutz noch bundesweit 30 000 Personen zum rechten Milieu gezählt. Ein wesentlicher Grund für die starke Abnahme ist die Auflösung der DVU, die einst mehrere tausend Mitglieder stark war.

Herbe Verluste für die NPD

Dennoch gebe es keinen Anlass zur Entwarnung, betonten Experten. Der Anteil gewaltbereiter Rechtsextremisten bleibe trotz verschärfter staatlicher Repression nach dem NSU-Schock hoch – und nehme proportional noch zu. Für 2013 seien wie im Jahr zuvor 9600 gewaltbereite Rechtsextremisten festgestellt worden, hieß es. Das ist mehr als 40 Prozent des gesamten Spektrums. Zu den Gewaltbereiten zählt der Verfassungsschutz in großen Teilen die Milieus der Neonazis (2013: 5800, minus 200) und der „subkulturell geprägten Rechtsextremisten“ (7400, minus 100). Dabei handelt es sich um rechte Skinheads sowie sonstige Anhänger der Musikszene und weiterer bräunlicher Subkulturen.

Herbe Verluste musste die NPD einstecken. Sie verlor 500 Mitglieder und ging auf 5500 zurück. Als Gründe nennen Sicherheitsexperten den Mangel an Charisma bei dem im Dezember zurückgetretenen Parteichef Holger Apfel, die Verunsicherung durch die Debatte über ein Verbot der NPD und die zunehmende Konkurrenz durch andere Parteien, bis hin zur Euro-kritischen „Alternative für Deutschland“. Die AfD wird allerdings vom Verfassungsschutz nicht dem extremistischen Spektrum zugerechnet.

Gewachsen ist 2013 die Partei „Die Rechte“, die der NPD vor allem Neonazis abspenstig macht. Die im Mai 2012 aus der Konkursmasse der DVU hervorgegangene Partei zählt inzwischen etwa 500 Mitglieder (2012: 150). Die „Rechte“ hat vor allem Zulauf von Neonazis, deren Organisationen verboten wurden. Besonders auffällig ist diese Tendenz in Nordrhein-Westfalen. Dort sind reihenweise ehemalige Mitglieder der im August 2012 von Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) verbotenen drei Neonazi-„Kameradschaften“ in den Landesverband der Partei „Die Rechte“ eingetreten.

Rechte Bewegung will mit CSU-Parole antreten

Stabil geblieben sei die islamfeindliche, in Nordrhein-Westfalen agierende Partei „Pro NRW“, sagten Sicherheitskreise. Pro NRW wird wie schon 2012 auf 1000 Mitglieder taxiert. Die Partei hat mehrmals mit provokativen Aktionen gegen fundamentalistische Muslime Aufsehen erregt und sich den Hass militanter Salafisten zugezogen. Und  in der über Pro NRW hinausreichenden „Pro-Bewegung“ werde jetzt diskutiert, bei der Europawahl im Mai mit der von der CSU auf Armutszuwanderung gemünzte Parole „Wer betrügt, der fliegt“ anzutreten, hieß es in Sicherheitskreisen.

Wahlkämpfe mit Kampagnen gegen Asylbewerber

Bei  allen rechtsextremen Parteien sei zu erwarten, dass sie die kommenden Wahlkämpfe mit Kampagnen gegen Asylbewerber bestreiten, deren Zahl im vergangenen Jahr stark gewachsen ist. Was die NPD plant, könnte sich schon diese Woche zeigen. Am 18. Januar soll auf einem Parteitag der Spitzenkandidat für die Europawahl nominiert werden. Gegeneinander antreten werden möglicherweise Udo Pastörs, amtierender Parteichef und Vorsitzender  der Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, und der frühere Parteivorsitzende Udo Voigt. Beide gelten als notorische Hardliner. Für die NPD hat allerdings auch die Landtagswahl in Sachsen am 31. August eine fast schon existenzielle  Bedeutung. Sollte die Partei es nicht schaffen, ein drittes Mal in das Parlament einzuziehen, bliebe ihr nur noch „die Bastion Mecklenburg-Vorpommern“, sagte ein Sicherheitsexperte. Bei einer Umfrage Anfang Januar kam die NPD in Sachsen auf lediglich ein Prozent. 

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