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Armut in Deutschland: Immer mehr Familien nehmen Kinderzuschlag in Anspruch
Bei der Zahl der Familien, die Kinderzuschlag in Anspruch nehmen, gibt es einen deutlichen Anstieg. Doch das muss keine schlechte Nachricht sein.
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Mehr als 1,3 Millionen Kinder in Deutschland profitieren vom Kinderzuschlag. Mit dieser Leistung unterstützt der Staat Familien, die nicht auf Bürgergeld angewiesen, aber dennoch knapp bei Kasse sind. Im Jahresverlauf 2024 ist die Zahl der Haushalte, die den Kinderzuschlag in Anspruch nehmen, deutlich angestiegen. Das zeigen aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.
Demnach lag die Zahl der Kinder, für die das Geld ausgezahlt wird, noch im Januar 2024 nur sehr knapp über einer Million. Im Dezember 2024 waren es hingegen schon 1,334 Millionen Kinder, darunter knapp 230.000 aus Haushalten von Alleinerziehenden. Die Zahl der zugehörigen Eltern, die formal die Leistungsberechtigten sind, stieg im Jahresverlauf von knapp 400.000 auf mehr als 543.000, darunter knapp 130.000 Alleinerziehende.
Die Zahlen könnten zum einen darauf hindeuten, dass mehr Familien auf die Leistung angewiesen sind. In Fachkreisen geht man aber vor allem davon aus, dass die ausgiebigen politischen Debatten des Jahres 2024 über Kinderarmut und Kindergrundsicherung zum Anstieg beigetragen haben.
So viel Geld gibt der Staat aus
Der Kinderzuschlag soll Eltern unterstützen, die ihren Lebensunterhalt grundsätzlich selbst erwirtschaften, mit dem selbst verdienten Geld ihre Familie aber trotzdem nur knapp versorgen können. Ähnlich verhält es sich mit dem Wohngeld für einkommensschwache Haushalte. Gerade Familien, die nur knapp bezugsberechtigt für derartige Leistungen sind, wissen das oftmals nicht, das könnte sich durch die breite Debatte geändert haben.
Wer Kinderzuschlag bezieht, enthält weitere Vergünstigungen, selbst wenn die Leistung selbst nur eine kleine Summe ausmacht. Zum Beispiel sind Familien dann bezugsberechtigt für Bildungs- und Teilhabeleistungen, zu denen etwa Zuschüsse für Klassenfahrten oder die Befreiung von Kita-Gebühren gehören.
Der Kinderzuschlag wird aus Mitteln des Familienministeriums gezahlt. Auf Anfrage des Tagesspiegels nannte die Bundesagentur für Arbeit auch beim insgesamt ausgegebenem Geld einen spürbaren Anstieg. Im Jahr 2023 lag die Summe noch bei 1,87 Milliarden Euro. Im Folgejahr, allerdings nur bis einschließlich November 2024, lag die Summe dann bereits bei 2,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lagen die Ausgaben insgesamt noch deutlich niedriger, nämlich nur bei gut einer Milliarde Euro.
Die gescheiterte Ampelregierung hatte umfänglich die Einführung einer Kindergrundsicherung geplant. Ziel war es, alle Gelder für Kinder aus einer Hand auszuzahlen und so Familien aus der Armut herauszuholen. Dadurch betraf das Projekt zahlreiche Sozialleistungen wie zum Beispiel Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag.
Am Ende fand die damalige Koalition keinen gemeinsamen Weg, die Idee so umzusetzen, dass es für die Verwaltung praktikabel und für die Familien tatsächlich eine Verbesserung gewesen wäre.
Nach dem etablierten Konzept der relativen Armutsmessung wird Armut stets im Verhältnis zur Gesamtgesellschaft definiert. Demnach gelten laut Statistischem Bundesamt mehr als zwei Millionen Kinder und Jugendliche als armutsgefährdet. Ob dieses Konzept zielgenau tatsächliche Armut misst, ist allerdings politisch umstritten.
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