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Ein Soldat der "Freien Syrischen Armee" in Aleppo.

© Reuters

Syrien: Assad rüstet sich für „Entscheidungsschlacht“ um Aleppo

Während die syrische Armee in Aleppo zur Entscheidungsschlacht ruft, provozieren islamistische Rebellen Teheran mit der Entführung iranischer Pilger. Hat womöglich Saudi-Arabien die Finger im Spiel?

In der syrischen Wirtschaftsmetropole Aleppo hat es auch am Sonntag wieder heftige Gefechte gegeben, die Zahl der Todesopfer seit Beginn des landesweiten Aufstandes gegen Staatschef Baschar al-Assad stieg nach Oppositionsangaben auf mehr als 21.000.

In Aleppo konzentrierten sich die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und den Aufständischen der Freien Syrischen Armee auf den Stadtteil Salaheddin, der als Einfallstor in das Zentrum gilt. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London gab es außerdem Gefechte in drei weiteren Bezirken im Westen der 350 Kilometer nördlich von Damaskus gelegenen Stadt.

Nach Armeeangaben erhielten die 20.000 um Aleppo postierten Soldaten weitere Verstärkung. „Die Truppen sind jetzt bereit für den entscheidenden Angriff, warten aber auf die Befehle“, sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur AFP. „Der Krieg kann sich jedoch in die Länge ziehen, denn zur Vertreibung der Terroristen wird es Straßenkämpfe geben.“ Die eigentliche Schlacht um Aleppo stehe noch aus.

Zur Entlastung Aleppos greifen die Rebellen fast jede Nacht den nahegelegenen Militärflughafen Mannagh an, wo die Armee Hubschrauber stationniert hat. Die Kampfflugzeuge der Luftwaffe kommen unterdessen aus Idlib und anderen Regionen und nichts scheint sie aufhalten zu können. Der regierungsfeindliche Syrische Nationalrat beschuldigte die Armee, durch ihren Beschuss viele historische Bauten zu gefährden. Die Altstadt von Aleppo, eine der ältesten Städte der Welt, gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Bildergalerie: Tage der Entscheidung in Syrien

Der Regierungszeitung „Al-Watan“ zufolge befinden sich „6000 bis 8000 Terroristen“ in Aleppo. Hunderte von ihnen seien getötet oder verletzt worden. Loyal zur Regierung stehende Einwohner beteiligten sich demnach an der Seite der Armee an den Kämpfen. Die Hauptstadt Damaskus befand sich am Sonntag nach Armeeangaben nach der Einnahme des Viertels Tadamun wieder vollständig unter Kontrolle der Streitkräfte.

Im vergangenen Monat wurden in Syrien nach Angaben der Beobachtungsstelle die meisten Menschen seit Beginn des Aufstandes gegen Assad im März 2011 getötet. Mindestens 4239 Menschen seien im Juli getötet worden. Die Gesamtzahl der Toten gab die Stelle nun mit mehr als 21.000 an. Von unabhängiger Seite konnten die Angaben nicht bestätigt werden.

Eine islamistische Aufständischen-Gruppe entführte derweil am Samstag in Damaskus 48 iranische Pilger, denen sie unterstellt, feindliche Agenten zu sein. Der Iran ist einer der engsten Verbündeten von Machthaber Baschar al-Assad - die Rebellen bekommen vom iranischen Erzrivalen Saudi-Arabien Geld und Waffen. Knapp 17 Monate Rebellion und die Sanktionen des Westens haben Syrien auch wirtschaftlich ausbluten lassen. Eine Delegation aus Damaskus sah sich inzwischen genötigt, in Moskau um Geld und Treibstoff zu bitten.

Welche Rolle Saudi-Arabien in dem Konflikt spielt

Ein Soldat der "Freien Syrischen Armee" in Aleppo.

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Ein Video, das der saudische Nachrichtensender Al-Arabija am Sonntag ausstrahlte, zeigt einen Teil der entführten Iraner in der Gewalt der sogenannten Al-Baraa-Märtyrerbrigade. Sie hatte sich im Februar mit dem Ziel gegründet, Einrichtungen des Assad-Regimes mit Selbstmordanschlägen anzugreifen. Der Kommandeur der Einheit, Nasser al-Schumeir, hält ausweisartige Dokumente in die Kamera, die die Zugehörigkeit der Entführten zu den iranischen Revolutionsgarden beweisen sollen. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht.

Der Sender Al-Arabija gehört einem saudischen Geschäftsmann mit enger Bindung ans saudische Herrscherhaus. Saudi-Arabien unterstützt in Syrien vor allem Rebellengruppen mit radikal-islamischer Agenda. Mit dem Iran rivalisiert das Königreich um die Vorherrschaft am Golf.

Teheran hatte bereits am Samstag bestätigt, dass 48 Pilger auf dem Weg zum internationalen Flughafen von Damaskus entführt worden waren. Der Schrein der Sajjida Zeinab in der syrischen Hauptstadt ist ein beliebter Wallfahrtsort für Pilger aus dem schiitischen Gottesstaat. Das Schicksal der Entführten sei ungewiss, hieß es.

Für seine wirtschaftliche Misere machte das syrische Regime die USA und die EU und deren Sanktionen gegen das Land verantwortlich. Beobachter verweisen aber auch auf die enormen volkswirtschaftlichen Kosten eines Bürgerkriegs, der ganze Landesteile lahmlegt, Menschen am Arbeiten hindert und öffentliches wie privates Eigentum zerstört. Russische Medien berichteten, dass dem Regime vor allem raffinierte Erdölprodukte wie Diesel ausgehen. Die Delegation um Vizeregierungschef Kadri Dschamil habe in Moskau „eine gewisse Summe in harter Währung beantragt, um die komplizierte Lage in Syrien zu überbrücken“. Von russischer Seite lag zunächst keine Reaktion vor.

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Während die Vereinten Nationen nach dem Rückzug von Kofi Annan nach einem neuen Syrienvermittler suchen, dringen die arabischen Staaten auf eine veränderte Ausgestaltung des Syrien-Mandats. „Der einzige annehmbare Auftrag ist, auf eine friedliche Machtübergabe in Syrien hinzuarbeiten“, sagte der Ministerpräsident von Katar, Scheich Hamad bin Dschasim al-Thani.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte für den Annan-Nachfolger vom Weltsicherheitsrat „endlich den notwendigen Rückhalt“ ein. Bisher haben die Vetomächte Russland und China in Fundamentalopposition zum Westen jegliche Sanktionen gegen das Assad-Regime verhindert. Der französische UN-Botschafter Gérard Araud kündigte an darauf hinzuarbeiten, „Russland und China wenigstens bei den humanitären Fragen auf unsere Seite zu bekommen“. Ein militärisches Eingreifen schloss Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière weiter aus. „Das Scheitern der Diplomatie darf nicht automatisch zum Beginn des Militärischen führen“, sagte er. (dpa/AFP)

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