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Synagoge in Hamburg abgesperrt. Nach dem Angriff eines Antisemiten auf einen jüdischen Studenten sichert die Polizei den Tatort vor dem Gotteshaus.

© Jonas Walzberg/dpa

Attentat vor Hamburger Synagoge: Hass auf Juden und Verfolgungswahn

Sicherheitskreise halten den Täter in Hamburg für ähnlich motiviert wie die Angreifer in Halle und Hanau. Antisemitische Verschwörungsmythen nehmen zu.

Von Frank Jansen

Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten vor einer Synagoge in Hamburg sehen die Sicherheitsbehörden Parallelen zu den Anschlägen in Halle und Hanau. „In allen drei Fällen handelt es sich um einen rechts motivierten Individual-Terrorismus“, sagte ein hochrangiger Experte am Montag dem Tagesspiegel. „

Wir haben es mit rechts motivierten Einzeltätern zu tun, denen Verschwörungsmythen den Anlass geben für die Tat.“ In Hamburg habe der Täter geglaubt, er werde von Juden angegriffen und müsse sich wehren, sagte der Experte. Unklar bleibe, in welchem Maße der Angreifer auch psychisch gestört ist.

In Halle hatte der Attentäter Stephan Balliet in einem Livestream während seines Angriffs auf die Synagoge Juden als „Wurzel der Probleme“ mit Migration bezeichnet.

Der Attentäter von Hanau, Tobias Rathjen, hatte vor seinem Massaker in zwei Shisha-Bars in einem Manifest die Ausrottung der Bevölkerung in Israel und mehr als 20 weiteren Staaten gefordert. Rathjen glaubte zudem, er werde sein ganzes Leben von einem Geheimdienst überwacht.

Der aus Kasachstan stammende, deutsche Staatsbürger Grigoriy K. (29) hatte am Sonntag im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel mit einem Klappspaten auf den 26-jährigen Juden eingeschlagen. Der Angriff geschah vor der Synagoge Hohe Weide. Im Gotteshaus feierte die Gemeinde das Laubhüttenfest.

Polizei und Generalstaatsanwaltschaft in Hamburg werten Angriff als versuchten Mord

Das Opfer erlitt Kopfverletzungen, die Polizei konnte den Angreifer in der Nähe des Tatorts festnehmen. Polizei und Generalstaatsanwaltschaft Hamburg werten den Angriff als antisemitisch motivierten, versuchten Mord.

Der Täter hatte in der Tasche seiner Tarnkleidung einen Zettel mit einem Hakenkreuz. Es werde untersucht, ob der ehemalige Soldat die Tarnkleidung und den Klappspaten in seiner Zeit bei der Bundeswehr mitgenommen hatte, sagte der Sicherheitsexperte. Grigoriy K. war der Polizei schon früher aufgefallen, allerdings nicht wegen eines extremistischen Delikts. Der Verfassungsschutz kannte den Mann offenbar nicht. Bis 2019 war K. in Berlin gemeldet, dann lebte er unangemeldet in Hamburg.

Angriff in Hamburg kurz vor Jahrestag des Anschlags in Halle

Geprüft werde auch, ob die Tat in Hamburg bewusst kurz vor dem Jahrestag des Anschlags in Halle verübt wurde, sagte der Sicherheitsexperte. Am 9. Oktober 2019 hatte der schwer bewaffnete  Stephan Balliet versucht, die am Feiertag Jom Kippur vollbesetzte Synagoge in Halle zu stürmen. Da Balliet die Eingangstür nicht aufschießen konnte, tötete er in seiner Wut auf der Straße eine Passantin und einen Mann in einem Döner-Imbiss.

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Am 19. Februar 2020 erschoss Tobias Rathjen in Hanau neun Menschen aus Einwandererfamilien, seine Mutter und sich selbst. Das Bundeskriminalamt bezeichnet den Angriff auf die Opfer in den Shisha-Bars als rassistischen Mord.

Die Tat in Hamburg sei womöglich auch „auf die Stimmung in einem Teil der Gesellschaft“ zurückzuführen“, sagte der Sicherheitsexperte. In der Coronakrise „werden antisemitische Verschwörungsmythen stärker“.

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