
© dpa/Michael Kappeler
Aus Protest gegen Migrationskurs: Sechs teils führende Mitglieder in Bayern treten aus BSW aus
Wie frühere Aussteiger beklagen die bisherigen Mitglieder der Wagenknecht-Partei eine miese Führungskultur. Der harte Migrationskurs des BSW brachte das Fass nun wohl zum Überlaufen.
Stand:
Sechs teils führende Mitglieder haben offenbar dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Bayern wegen des restriktiven Kurses in der Migrationspolitik den Rücken gekehrt. Das berichtet der „Spiegel“.
Die Ex-BSW-Leute beklagen demnach eine „populistische Zuspitzung, die unnötige gesellschaftliche Spaltungen fördert und Gefahr läuft, sich rhetorisch am rechten Rand zu bedienen“. Man dürfe nicht „Minderheiten gegen Minderheiten ausspielen“. So zitiert das Nachrichtenmagazin aus einem Brief, den die bisherigen Mitglieder an den Parteivorstand und den Landesverbandschef des BSW, Klaus Ernst, geschickt haben sollen. Ernst habe die Echtheit des Schreibens bestätigt.
BSW stimmte für Merz-Gesetzentwurf
Weiter, so heißt es, kritisieren sie BSW-Bilder im Netz, die nah an der Wahlwerbung der AfD seien. Außerdem hätten die Unterzeichnenden ihr Unverständnis darüber geäußert, dass die BSW-Gruppe im Bundestag in der vergangenen Woche dem Entwurf für das „Zustrombegrenzungsgesetz“ zugestimmt hat.
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hatte nach den verheerenden Angriffen in Aschaffenburg am Freitag seine Asylrechtsverschärfungen ins Parlament eingebracht. Die BSW-Gruppe hatte gemeinsam mit der AfD und großen Teilen der Union und FDP für den Gesetzentwurf gestimmt. Zwölf CDU-Abgeordnete hatten ihre Stimme nicht abgegeben. Auch bei der FDP wichen 23 Abgeordnete vom Kurs der Fraktion ab.
Die Unterzeichner des Schreibens reagieren darauf den Angaben zufolge mit deutlichen Worten an die Wagenknecht-Partei: „Dass wir hier wohl von einigen Mitgliedern der CDU und FDP – beim Thema Menschlichkeit – links überholt wurden, ist für uns nicht hinnehmbar.“
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Laut „Spiegel“ handelt es sich bei den Aussteigern um Josef Ilsanker, Robert Striesow, Heinz Neff, Linus Hluchy, Kerstin Reichert und Sinan Öztürk. Ilsanker war bisher stellvertretender Landesvorsitzender des BSW, war zuvor bei der Linken und ist Gewerkschaftssekretär bei Ver.di. Auch Striesow war Mitglied im Landesvorstand und früher bei den Linken. Neff, Hluchy und Öztürk sind ebenfalls bei Ver.di und waren wie Reichert einfache Mitglieder.
Unterzeichner beklagen fehlende Transparenz in Wagenknecht-Partei
Einmal mehr wird dem Bericht zufolge auch die Führungskultur im BSW kritisiert. Die Unterzeichner des Schreibens monieren fehlende Transparenz, heißt es. Eine stark hierarchische „Top-down“-Struktur mache Mitbestimmung kaum möglich. Mitglieder würden als Statisten behandelt – und das in einer Partei, die sich Vernunft und Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben habe.
Die Vorwürfe sind nicht neu. Mehrere Landesverbände der Partei hatten Ähnliches moniert. In Hamburg hatten sich einige BSW-Mitglieder sogar abgesplittert und einen Konkurrenzverband gegründet. Auch in Schleswig-Holstein waren Mitglieder aus dem Landesverband ausgetreten. In Nordrhein-Westfalen hatten einige interne Kritiker bereits einen Brandbrief verfasst.
Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass die Bundespartei über die Aufnahme von neuen Mitgliedern entscheidet. Immer wieder heißt es, es gebe zunächst eine Art Gesinnungsprüfung. Dadurch warten offenbar viele seit Monaten auf die Aufnahme in die Partei. Parteigründerin Sahra Wagenknecht wird ein „Führerkult“ vorgeworfen.
Die BSW-Spitze habe die Austritte mit Bedauern aufgenommen, berichtet das Nachrichtenmagazin weiter. Seit dem 21. Januar hätten insgesamt zwölf Mitglieder die Partei verlassen. Derzeit kommt das BSW demnach bundesweit auf rund 2000 Mitglieder.
In den Umfragen war das BSW zuletzt abgerutscht, erreicht derzeit Werte zwischen vier und sechs Prozent. Gerade das große Thema der Partei – Krieg und Frieden – hatte jüngst an öffentlicher Wahrnehmung eingebüßt. (cz)
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