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Ausgaben für Pensionen steigen massiv : Steuerzahlerbund will Zahl der Verbeamtungen drastisch reduzieren
Angesichts der klammen Kassen ist die Debatte über die Staatsdiener neu entbrannt. Der Lobbyverband bezieht klar Position. Neue Daten zeigen das Ausmaß des Problems der Pensionen für den Bund.
Stand:
Etwa 5,3 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland im öffentlichen Dienst. Rund ein Drittel sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums mit Stand Juni 2023 Beamtinnen und Beamte.
Doch wie viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst brauchen in Deutschland den Beamtenstatus? Diese Frage wird angesichts leerer Kassen intensiver diskutiert.
Der Steuerzahlerbund fordert nun angesichts hoher Kosten, weniger Menschen zu verbeamten und gleichzeitig Privilegien einzuschränken. „Die öffentlichen Haushalte werden durch die XXL-Beamtenverhältnisse enorm belastet“, sagte Steuerzahlerbundpräsident Reiner Holznagel der „Rheinischen Post“. „Deshalb sollte der Beamtenstatus auf den Prüfstand gestellt und in seinem Umfang samt seiner Privilegien kritisch hinterfragt werden“, sagte der Präsident der Lobbyorganisation.
Konkret sollte die Zahl der neuen Verbeamtungen auf ein Minimum und ausschließlich auf die hoheitlichen Kernbereiche beschränkt werden.
Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler Deutschland
Die Privilegien könnten „keinem Beschäftigten in der freien Wirtschaft mehr erklärt werden, weil die finanzielle Schere immer weiter auseinandergeht“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes. „Konkret sollte die Zahl der neuen Verbeamtungen auf ein Minimum und ausschließlich auf die hoheitlichen Kernbereiche beschränkt werden – bei der Polizei, in der Finanzverwaltung und in der Justiz“, forderte er.

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Beamtinnen und Beamte zahlen nicht wie andere Arbeitnehmer in die gesetzliche Rentenversicherung ein, sondern bekommen nach dem Ausscheiden aus dem Dienst eine Pension, die ganz vom Staat finanziert wird.
Ausgaben für Pensionen werden um 50 Prozent steigen
Die Forderung von Holznagel gewinnt angesichts neuer Daten zusätzliche Brisanz. Denn die Ausgaben allein des Bundes für seine Beamten steigen massiv. Das geht aus dem aktuellen Versorgungsbericht des Innenministeriums hervor. Zuerst berichtete die „Bild“ darüber.
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Demnach beliefen sich im Jahr 2023 die Ausgaben für die Pensionen von Beamten, Richtern und Soldaten im „unmittelbaren Bundesbereich“ – ohne die ehemaligen Beamten der Post und Bahn – auf rund 6,8 Milliarden Euro. Bis 2025 soll dieser Betrag bereits auf 7,8 Milliarden Euro ansteigen und bis 2060 sogar auf 25,4 Milliarden Euro – ein Plus von 54 Prozent.
Zwischen 2018 und 2023 ist die Zahl der Beamten demnach um 17 Prozent gewachsen, unter anderem durch neue Stellen bei Bundespolizei, Justiz, Finanzämtern sowie für Digitalisierung und Pandemie-Management. Die Folge: Die Zahl der Pensionäre, die vom Bund bezahlt werden, steigt der Prognose zufolge von 193.000 im Jahr 2023 auf rund 230.000 im Jahr 2060.
Das durchschnittliche monatliche Ruhegehalt für Bundesbeamte und Berufssoldaten lag dem Bericht zufolge im Januar 2024 bei 3340 Euro brutto. Für die Hochrechnungen der Versorgungsausgaben wird von einer jährlichen Steigerung von 2,9 Prozent in den Jahren 2025 bis 2060 ausgegangen. Diese Pension würde in zehn Jahren also auf rund 4442 Euro steigen.
Dabei gibt es große Unterschiede nach Laufbahngruppen: höherer Dienst im Durchschnitt 5050 Euro, im Gehobenen Dienst 3410 Euro und im Einfachen Dienst 2370 Euro. Der Höchstsatz liegt bei 71,75 Prozent des letzten ruhegehaltsfähigen Gehalts.
Auch CDU-Generalsekretär Linnemann will weniger Beamte
Zuletzt hatte auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann angesichts hoher finanzieller Lasten durch Beamtenpensionen eine Verringerung der Zahl der Verbeamtungen gefordert. „Ich möchte nur eins: Dass wir nur noch dort verbeamten, wo es wirklich hoheitliche Aufgaben gibt, bei Polizisten, bei Richtern, bei Staatsanwälten, bei Finanzbeamten, bei Zollbeamten – aber dann ist irgendwann gut“, sagte er beim Tag des Handwerks Paderborn.
Darüber hatte die „Bild“ berichtet. In Ministerien müsse „nicht jeder verbeamtet werden, übrigens auch nicht in den Verwaltungen“, sagte Linnemann demnach.
Entbeamtung löst kein einziges Problem der Rentenversicherung oder der öffentlichen Haushalte, im Gegenteil.
Volker Geyer, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbunds
Der deutsche Beamtenbund (DBB) warnte vor Streiks an Schulen, sollten Lehrerinnen und Lehrer künftig nicht mehr verbeamtet werden. Der Beamtenstatus der Lehrkräfte sichere den streikfreien Raum Schule, sagte der DBB-Bundesvorsitzende Volker Geyer den Zeitungen der Funke Medienmediengruppe. „Wollen Linnemann, Holznagel und Co. Bürgern und Wirtschaft gegebenenfalls wirklich Streiks an den deutschen Schulen zumuten?“, so Geyer.
„Entbeamtung löst kein einziges Problem der Rentenversicherung oder der öffentlichen Haushalte, im Gegenteil. Sie würde viele neue schaffen. Ich kann vor dieser Debatte wirklich nur warnen“, sagte Geyer
Deutlich längere Lebensarbeitszeit für Beamte?
Zuletzt hatte ein Vorschlag von Ökonomen Aufsehen erregt. Das Pestel-Institut hatte sich für eine Sozialreform bei den Renten und Pensionen ausgesprochen und dabei eine längere Arbeitszeit von Beamtinnen und Beamten vorgeschlagen.
Um die Altersversorgung in Deutschland bezahlbarer und gerechter zu machen, müssten Beamte künftig fünfeinhalb Jahre länger arbeiten als Arbeiter, teilte das Forschungsinstitut aus Niedersachsen mit. Es begründete diesen Schritt mit der „überdurchschnittlich langen Lebenserwartung“ von Beamten.
„Wenn wir über eine längere Lebensarbeitszeit reden, dann sollten vor allem die Menschen länger arbeiten, die eine höhere Lebenserwartung aufweisen“, heißt es in der Studie. Das seien statistisch gesehen Beamtinnen und Beamte, die zudem über einen deutlich längeren Zeitraum Pensionen bezögen als Arbeiter. Diese Aspekte würden aber in der bisherigen Rentendiskussion „kaum oder gar nicht berücksichtigt“, kritisierte das Institut.
Geyer hatte den Vorschlag scharf kritisiert. „Wollen wir jetzt wirklich anfangen, die durchschnittlichen Lebenserwartungen bestimmter Berufs- oder Statusgruppen in die Debatte um die sozialen Sicherungssysteme einzuführen? Vor solchen Diskussionen kann ich nur warnen“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.
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