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Baerbock muss sich überlegen, was sie mit ihren Worten bewirken will

© Tobias Schwarz/AFP-Pool/dpa

„Putin geht es um Vernichtung“: Baerbocks harten Worten gegen Russland müssen Taten folgen

Humanitäre Korridore in der Ukraine will Annalena Baerbock nicht garantieren. Dann ist es falsch, rhetorisch Mitgefühl zu wecken. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Was sagt die deutsche Außenministerin da? Wir müssen es geschehen lassen? DAS auch noch? Annalena Baerbock über Wladimir Putin: „Es geht ihm um Vernichtung – selbst von Kindern.“ Und zugleich bedauert sie, dass der Westen zum Schutz von Zivilisten nicht militärisch in den Ukraine-Krieg eingreifen kann.

Humanitäre Korridore hätte sie zum Beispiel gern versprochen und sogar garantiert, „aber wir können das nicht leisten“. Sagt Baerbock dem „Spiegel“. Denn: „Ein solches Versprechen müsste militärisch abgesichert werden.“

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Genau darum geht es. Baerbock redet sich rein statt raus. Wenn es Putin, dem Schrecklichen, doch um Vernichtung geht, wirklich darum – dann macht sich schuldig, wer nichts macht. Vor den Menschen, vor der Geschichte wäre Nichtstun Versagen.

Will die Außenministerin uns das sagen? Will sie, dass der Westen mehr macht, Grenzen setzt, anders eingreift als bisher, mit mehr Waffen, mehr Knowhow, überhaupt mehr, bis an den äußersten Rand? So viel mehr, bis der Unterschied zur Kriegspartei kaum mehr wahrnehmbar ist?

Die Außenministerin muss sich angreifbar machen

Dann muss sie das klar sagen, sich angreifbar machen, in der grünen Partei, der Ampel-Koalition, im ganzen Land. Und die Konsequenzen für das eine wie das andere tragen wollen. Wenn aber nicht, wenn ihr nur der Mund übergeht, weil Bauch und Kopf im Widerstreit sind, der eine ja und der andere nein sagt, dann muss die Ministerin sich zurücknehmen.

Bis zurück zu diplomatischen Floskeln, die auch härteste Kriegshandlungen noch mit Worten weichzeichnen. Immerhin macht die Ministerin es sonst einer zunehmenden Zahl von Menschen in der Gesellschaft, deren Herz auch brennt, wie Baerbock es nennt, nahezu unerträglich, die täglichen Brutalitäten schweigend mitanzusehen, sie auszuhalten.

So einfach ist das nicht. Mitgefühl, einmal hervorgerufen, lässt sich nicht einfach abschalten. Nichts zu tun, kann auch eine Wunde schlagen. Baerbock muss wissen, dass weh tut, was sie tut. Will sie das? Was will sie?

Will sie gute Außenpolitik für sich in Anspruch nehmen, darf die Ministerin mit ihren Reden in jedem Fall nicht länger ein ungutes Gefühl wecken. Wer anderen ein schlechtes Gewissen macht, muss wissen: Worte haben Macht. Schon gar in der Politik.

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