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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit seinem Ehemann Daniel Funke.

© AFP/Carsten Koall

Möglicher Interessenkonflikt: Arbeitgeber von Spahns Ehemann verkaufte Masken an Gesundheitsministerium

Die Burda GmbH hat 570.000 FFP2-Masken an Spahns Ministerium geliefert. Sein Ehemann Daniel Funke arbeitet bei der Firma als Berliner Büroleiter.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat zu Beginn der Corona-Pandemie 570.000 Schutzmasken bei der Burda GmbH bestellt – also dem Unternehmen, in dem der Ehemann von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Daniel Funke, die Hauptstadtrepräsentanz leitet. Das geht aus einem Bericht des Ministeriums hervor, der gerade dem Haushalts- und dem Gesundheitsausschuss des Bundestags zugesandt wurde und der dem Tagesspiegel Background vorliegt. Der "Spiegel" hatte darüber zuerst berichtet.

Die Bestellung bei Burda macht zwar nur einen kleinen Teil der in den Unterlagen aufgeführten Gesamtmenge aus. Allerdings ist Burda auch ein Medienunternehmen, kein Hersteller oder Lieferant Persönlicher Schutzausrüstungen (PSA).

Laut einem Burda-Sprecher trat eine Burda-Beteiligungsfirma als Zwischenhändler auf, die Schutzmasken seien zum Selbstkostenpreis weitergegeben worden. Ein Sprecher sagte Tagesspiegel Background: "Der Vorstand der Hubert Burda Media hat dem Gesundheitsministerium im April 2020 angeboten bei der Maskenbeschaffung zu helfen, als die Bundesregierung auf dringender Suche nach Schutzmarken war." Daniel Funke sei "zu keinem Zeitpunkt über die Transaktion informiert oder involviert" gewesen sein. Es sei auch keinerlei Provision gezahlt worden.

Das BMG erklärte, der Vertrag mit der Burda GmbH sei nach Angebotseingang per standardisiertem Verfahren zu marktüblichen Preisen geschlossen und abgewickelt worden.

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Im Bericht des Ministeriums rekonstruiert das Ministerium die angespannte Lage bei der PSA-Beschaffung vor einem Jahr. Mitte Februar hätten sich Vertreter des Ministerium mit Kollegen aus den Ländern, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Ärzteschaft und „einschlägigen Herstellern“ getroffen, „um die konkrete Versorgungssituation in den Gesundheitseinrichtungen zu erörtern“.

Seinerzeit habe es einen drastischen Preisanstieg bei den PSAs gegeben. Beispielhaft angeführt wird vom Ministerium die Verteuerung von Mund-Nasen-Schutz-Masken von im Schnitt 22 Cent auf 1,17 Euro im April. FFP-2- und KN95-Masken hätten sich von durchschnittlich 1,25 Euro pro Stück auf im Schnitt bis zu 16,71 Euro bis Mitte März verteuert, „in Extremfällen bis auf 35 Euro/Stück im April 2020“.

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Selbst Anfang Juni hätten die Preise „zeitweise immer noch bei durchschnittlich 21,40 Euro/Stück“ gelegen, so das BMG weiter. Eine Erläuterung der Berechnungsgrundlagen für die ermittelten Durchschnittspreise fehlt allerdings in dem Bericht.

Vier Beschaffungswege werden vom BMG benannt, darunter das später aus dem Ruder gelaufene Open-House-Verfahren und die direkten Verträge mit Lieferanten. Am 3. Juni habe man die Verfahren beendet. „Verträge werden seitdem nur noch abgewickelt“, heißt es im Bericht. Diesem beigefügt ist auch eine Liste mit Vertragspartnern der Direktbeschaffungsverfahren – allerdings nur mit Einschränkungen.

Burda: „Keinen Cent“ an dem Vertrag mit dem BMG verdient

So sind zum einen nicht die Verträge enthalten, „die die Beschaffungsämter des Bundes geschlossen haben“. Zum anderen wird nicht aufgeführt, welche Preise gezahlt wurden. Diese nämlich sind Verschlusssache: Die Kosten seien „in der Geheimschutzstelle des Bundestages zur Kenntnisnahme hinterlegt“.

Die Preise für die aufgeführten Vertragspartner, heißt es in dem Bericht, hätten „stark variiert“. Grund dafür seien gewesen, „neben der tagesaktuellen Bedarfslage, Einflussfaktoren wie Liefermengen, Lieferfristen, Qualitäten, inkludierte Logistikleistungen und weitere Faktoren wie die Notwendigkeit zu Vorfinanzierungen durch den Bund bei nachgewiesener Kreditwürdigkeit des Vertragspartners, Referenzen Dritter oder eigene Erfahrungen mit Vertragspartnern“.

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Aufgeführt werden in der Liste 31 Firmen. Die Liefermengen variieren dabei stark. So lieferte die im April 2019 gegründete Areal Invest XXXI. Grundstücksgesellschaft aus Berlin, 19.999.999 FFP-2-Schutzmasken, die Lipsticks GmbH aus Dachau nur 245.000.

Bei Burda erklärte Sprecher Phillip Wolff, dass sein Unternehmen „keinen Cent“ an dem Vertrag mit dem BMG verdient habe. Es sei ausschließlich darum gegangen, die Bundesrepublik bei der PSA-Beschaffung zu unterstützen, im April habe der Burda-Vorstand dem BMG angeboten, bei der PSA-Beschaffung zu helfen.

Abgewickelt worden sei die Lieferung über die Mode- und Bestellplattform Zilingo, die ihren Sitz in Singapur hat und an der Burda beteiligt ist. Für die FFP-2-Masken seien pro Stück 1,70 US-Dollar gezahlt worden. „Burda hat die Kosten für die Masken 1:1 weitergereicht“, so Wolff.

Streit mit Emix dauert an

Im Bericht geht es auch um die umstrittene Vertragsbeziehung zwischen dem BMG und der Schweizer Firma EMIX, bei der die Lobbyistin Andrea Tandler persönlich mit Jens Spahn den Kontakt hergestellt hat. Vier Verträge seien im März und April 2020 mit EMIX geschlossen wurden, heißt es in dem Bericht. „Zu den Vertragsabschlüssen kam es, da EMIX nach Prüfung durch den für Qualitätsfragen im BMG zuständigen Unterabteilungsleiter einer der wenigen Lieferanten war, welcher zu Beginn der Pandemie große PSA-Mengen verlässlich, kurzfristig, termingerecht und in solider Qualität liefern konnte. Zudem war EMIX als einer der wenigen Lieferanten bereit, ‚rollierend‘ vorzufinanzieren (letzte Zahlung finanziert die nächste Lieferung).“

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Wegen dieser Vorteile habe sich der Bund seinerzeit entschlossen, 210 Millionen OP-Masken für jeweils 60 Cent bei EMIX zu kaufen, 150 Millionen FFP-2-Masken für im Schnitt 5,58 Euro und 44 Millionen Einmalhandschuhe für je 9 Cent.

Diese Preise hätten sich damals „im marktüblichen Rahmen“ bewegt. Nach ersten guten Erfahrungen mit dem Unternehmen habe der Bund nach der ersten Lieferung im März feststellen müssen, dass „die von EMIX gelieferten Masken nicht mehr durchgängig der vertraglich vereinbarten Qualität entsprachen“. Am 18. Mai habe man sich dann in einer Klarstellungsvereinbarung auf eine Reduzierung der vertraglichen Liefermenge geeinigt.

Allerdings seien die geschuldeten Lieferungen nicht vollständig bis zum 30. Juli angekommen, so das BMG. „Zwischen den Parteien ist streitig, ob trotz Nichteinhaltung der Frist noch ein Anspruch auf Lieferungen der ausstehenden Mengen besteht.“ Es gehe dabei um 7,5 Millionen FFP-2/KN95-Masken und 6,3 Millionen OP-Masken mit einem Gesamtwert von ca. 52 Millionen Euro brutto. „Die Parteien stehen derzeit in Verhandlungen.“

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