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Gesundheitsexperte Karl Lauterbach spricht sich ebenfalls für Krankenhausschließungen aus.

© Felix Zahn/photothek

Bertelsmann-Studie nur „überzogen“: SPD-Experte Lauterbach will die richtigen Kliniken schließen

Einer Studie zufolge müssten zwei Drittel der Krankenhäuser schließen, um die Qualität der anderen zu erhöhen. Karl Lauterbach findet die Zahl zu hoch.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach stimmt einer am Montag vorgestellten Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Verringerung der Krankenhäuser in Deutschland teilweise zu. „Der Grundtenor der Studie ist zwar richtig. Aber die Berechnung, dass man bis zu zwei Drittel der Krankenhäuser abbauen könnte, die halte ich aber für falsch und überzogen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.

Tatsächlich würde die Qualität mit weniger Kliniken steigen, sofern die richtigen geschlossen würden, so der SPD-Fraktions-Vize. „Wir haben sehr viele Krankenhäuser gemessen an vergleichbaren Ländern. Bei weniger Krankenhäusern hätten wir mehr Pflegekräfte, Ärzte und Erfahrung pro Bett und Patient und könnten auf überflüssige Eingriffe verzichten.“

Großer Schaden könnte Lauterbach zufolge entstehen, wenn die falschen Kliniken geschlossen würden. „Klar ist: Es darf keine Gewinnmaximierung durch Krankenhausschließungen geben. Es wird aber nicht möglich sein, mittelfristig die Ärzte und Pflegekräfte vorzuhalten, um in allen bestehenden Häusern die Versorgung abzudecken“, so der Mediziner. Die Förderung von Kliniken auf dem Land nannte er „dringend notwendig“. Denn: „Wir haben tatsächlich auf dem Land und in den sozialen Brennpunkten der Städte eher eine Unterversorgung. Wir haben dagegen eine Überversorgung in vielen Metropolen besonders dort, wo lukrative Krankenhausmärkte sind, wo viele Einkommens- und Bildungsstärkere leben.“

Die am Montag in Gütersloh veröffentlichte Studie war auf Kritik von Politik, Ärzten und Patientenschützern gestoßen. Sie fordert eine Verringerung der Zahl der Kliniken von 1400 auf deutlich unter 600 Häuser. Damit sollen die Versorgungsqualität für Patienten und die Personalausstattung bei Ärzten und Pflegepersonal verbessert werden.

Unionsfraktions-Vize Georg Nüßlein (CSU) erklärte: „Wir haben zu viele Betten, das heißt nicht, dass wir zu viele Krankenhäuser haben.“ Medizinische Grundversorgung sei ein Wert an sich. Krankenhäuser in ländlichen Räumen müssten zu Gesundheitszentren weiterentwickelt werden, in denen „unter Einbeziehung der niedergelassen Fachärzte die Versorgung sichergestellt wird“. Ähnlich äußerte sich der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Achim Kessler.

Flächendeckende Versorgung im ländlichen Raum gefährdet

Die Bundesärztekammer bezeichnete die Vorschläge als befremdlich. In Ballungsgebieten könne es durchaus sinnvoll sein, dass Ärzte und Pflegepersonal in größeren Strukturen arbeiten, erklärte Präsident Klaus Reinhardt. Im ländlichen Raum aber müsse die flächendeckende Versorgung sichergestellt werden.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte vor einem Kahlschlag. In Zeiten des demografischen Wandels gebe es immer mehr Patienten, die keine Maximaltherapie benötigten, sagte Vorstand Eugen Brysch. Protest kam auch vom Katholischen Krankenhausverband Deutschland. „Wo es auf Spezialwissen ankommt, ist Zentralisierung schon heute geübte Praxis“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Ingo Morell. „Für die Nachsorge wird zudem auch in Zukunft ein Krankenhaus in erreichbarer Nähe benötigt. (KNA)

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