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Politik: "Betet für mich"

Am Donnerstag gelingt der nächste Überraschungscoups.Milosevic habe Albanerführer Ibrahim Rugova in seiner Residenz ausserhalb Belgrads, im Weissen Palast, empfangen.

Am Donnerstag gelingt der nächste Überraschungscoups.Milosevic habe Albanerführer Ibrahim Rugova in seiner Residenz ausserhalb Belgrads, im Weissen Palast, empfangen.Das Fernsehen zeigt die beiden Männern im freundlichen Gespräch und mit Lachen im Gesicht.Das Büro des Präsidenten produzierte anschliessend eine kurze Stellungnahme: Man sei zum Schluss gekommen, dass der Kosovokonflikt "auf politischem Weg und mit politischen Mitteln" gelöst werden müsse.Das ist die offizielle Sprachregelung des serbischen Regimes schon seit Monaten.Dieser soll sich jetzt überraschend auch Ibrahim Rugova angeschlossen haben.Im Text wird der Albanerführer, von den Kosovo-Albanern zweimal als "Präsident" gewählt, immer nur als "Dr.Rugova" erwähnt.Die Zeitungen veröffentlichen am Freitag des "Dokument" mit den Unterschriften auf der ersten Seite.Hat das Treffen zwischen den beiden Männern wirklich stattgefunden? Oder stand Rugova unter Drogen beziehungsweise war er zum Gespräch in Belgrad gezwungen worden, wie derzeit spekuliert wird.Die Bilder vom freundlichen Gespräch könnten auch vom Mai letzten Jahres stammen, als Ibrahim Rugova tatsächlich bei Slobodan Milosevic zu Gast war.

Dabei hatte Ibrahim Rugova, das Symbol des pazifistischen Widerstandes der Kosovo-Albaner, Anfang Woche noch als verschollen gegolten.Die Lokalitäten seiner Partei, der "Demokratischen Liga des Kosovo" (LDK), und seine Residenz am Hügel über der Stadt seien von serbischen Einheiten niedergebrannt worden, hiess es.Der Albanerführer sei möglicherweise verletzt und halte sich irgendwo in Pristina versteckt.Bevor der fragile "Präsident" mit dem Halstuch als Markenzeichen verschwand, hatte er gegenüber Journalisten die Nato-Luftangriffe begrüsst."Alles soll aufhören", sagte er, als er wieder auftauchte.Das serbische Fernsehen wertete das als Verurteilung der Nato-Intervention in Jugoslawien und dem Kosovo.Die Botschaft ist scheinbar klar: Serben und Albaner könnten sich einigen, wenn nur die "internationale Gemeinschaft" sich nicht einmischen würde.Er werde von der serbischen Polizei "beschützt" und seine Residenz sei nicht niedergebrannt worden, erklärte der Albanerführer nach seiner Rückkehr gegenüber einem griechischen Fernsehteam.Der "Präsident" wirkte auf den Bildern nervös und angespannt.Er erscheint mehr Geisel als Gast des serbischen Regimes zu sein.

Ibrahim Rugova als Faustpfand in den Händen Belgrads: Auch die Bilder des lachenden Albanerführers auf dem Fauteuille des Autokraten von Belgrad werden ihre Wirkung nicht verfehlen.Die serbischen Behörden haben Rugova nicht hingerichtet oder umgebracht.Der Albanerführer ist aber politisch tot und des letzten Restes an Glaubwürdigkeit verlustig gegangen.Während die Kosovo-Albaner fliehen müssen, plaudert der "Präsident" mit dem Peiniger seines Volkes.Die Vorführung von Ibrahim Rugova gehört zur teuflischen Strategie Belgrads, die Führung der Kosovo-Albaner zu zerstören.-BONN (AP).Die Regierungen Deutschlands, der USA, Frankreichs und Italiens haben den politischen Führer der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, zu einem Treffen nach Bonn oder Brüssel eingeladen.Wie der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Erdmann, in Bonn erklärte, soll Rugova damit die Möglichkeit gegeben werden, seine Sicht der Lage im Kosovo zu schildern.Der Westen reagierte mit der Einladung auf das überraschende Treffen Rugovas mit dem jugoslawischen Präsidenten Milosevic.Das serbische Fernsehen zeigte Rugova und Milosevic, wie sie sich die Hand gaben.Nach ihrem Gespräch hätten beide eine Erklärung unterzeichnet, in der sie sich für eine friedliche Lösung des Kosovo-Konflikts zwischen Serben und Albanern aussprachen.

Erdmann äußerte die Vermutung, daß Rugova zu dem Treffen gezwungen worden sei, um als Instrument der serbischen Propaganda zu fungieren.Deshalb habe man ihn nach Bonn oder Brüssel eingeladen, damit er dort seine Ansichten ohne Einschränkung und äußerlichen Einfluß äußern könne.

Die Einladung an Rugova sei bei einer Telefonkonferenz zwischen Bundesaußenminister Fischer und seinen Amtskollegen aus den USA, Italien und Frankreich entschieden worden, sagte Erdmann.An der freiwilligen Teilnahme Rugovas an dem Gespräch mit Milosevic hatte NATO-Generalsekretär Solana bereits zuvor Zweifel geäußert.Auch die Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) äußerte sich skeptisch.Ihr Führer Thaci sagte, wenn Rugova freiwillig nach Belgrad gereist sei, habe er Hochverrat an seinem Volk begangen.Der jugoslawische Vizepremier Draskovic erklärte, Rugova habe Milosevic aus freier Entscheidung getroffen.Nach Gerüchten über seine Ermordung hatte Rugova am Mittwoch abend in Pristina das erste Mal seit Beginn der NATO-Angriffe mit Journalisten gesprochen.Dabei sagte er, er stehe "unter dem Schutz der serbischen Polizei".

Der "Spiegel" veröffentlichte vorab Auszüge aus einem wenige Tage zuvor geführten Interview mit Rugova, in dem der Albaner-Führer die NATO zu noch härterem Vorgehen aufgefordert hatte.So sagte er: "Setzt die NATO nicht sofort Bodentruppen ein, solange hier noch eine albanische Bevölkerung lebt, wird im Kosovo ein unkontrollierbares Chaos ausbrechen.Grauenhafte Massaker und ethnische Säuberungen haben bereits begonnen.Die NATO muß jetzt alles auf eine Karte setzen und notfalls mit einer totalen Zerstörung Serbiens drohen."

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