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© dpa/Rolf Vennenbernd

Bevölkerung immer übergewichtiger: Union streitet über Zuckersteuer, SPD ist dafür

Die CDU aus Schleswig-Holstein möchte mit einer Zuckersteuer erreichen, dass der Zuckergehalt in Lebensmitteln sinkt. Doch es kommt Widerstand aus der eigenen Partei.

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Mit ihrem Vorstoß zur Einführung einer neuen Steuer auf Getränke mit besonders hohem Zuckergehalt trifft Schleswig-Holsteins CDU auf innerparteilichen Widerspruch. Sowohl die Bundestagsfraktion der Union als auch der CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz lehnen den am vergangenen Wochenende gefassten Beschluss der schleswig-holsteinischen Christdemokraten ab. Unterstützung kommt dagegen von SPD und Grünen. 

„Eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke und Lebensmittel ignoriert die Komplexität der Ernährung und die verschiedenen Ursachen der Entstehung von Übergewicht und Adipositas“, sagte der ernährungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Johannes Steiniger, zu „Welt“. Dazu zähle vor allem unzureichende Bewegung bei hoher Gesamtkalorienbilanz. Zielführender als eine Steuer sei deshalb seiner Meinung nach die Förderung des Breitensports.

Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland übergewichtig

Auch die von der Nord-Union geforderte Altersgrenze für den Verkauf von Energydrinks führe nicht weiter. „Beide Punkte sind daher aus guten Gründen nicht im Koalitionsvertrag enthalten“, sagte Steiniger.

Die CDU Schleswig-Holstein hatte am vergangenen Wochenende bei einer Klausurtagung in Rendsburg beschlossen, sich auf Bundesebene für die Einführung einer Zuckersteuer sowie ein Verkaufsverbot von Energydrinks an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren einzusetzen. Zur Begründung nannte der Landesverband die steigende Zahl übergewichtiger und adipöser Kinder und Jugendlicher. Laut Unicef liegt der Anteil übergewichtiger Kinder und Jugendlicher im Alter von 5 bis 19 Jahren in Deutschland bei 25 Prozent.

Bei den Erwachsenen liegt der Anteil der Übergewichtigen sogar bei über 50 Prozent, Tendenz steigend. Davon leiden rund 20 Prozent unter Adipositas, also gesundheitsgefährdender Fettleibigkeit.

Unterstützung bekommen die norddeutschen Christdemokraten von Bundesfamilienministerien Karin Prien (CDU), die ihren Wahlkreis in Schleswig-Holstein hat und den Beschluss am Wochenende selbst vorgestellt hatte, sowie von der SPD-Bundestagsfraktion. Deren zuständige Bundestagsabgeordnete Svenja Stadler plädierte für eine Befassung des Parlaments mit dem Thema.

Freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie haben nicht zu den notwendigen Verbesserungen einer gesundheitsförderlichen Ernährung geführt“, so die Sozialdemokratin. „Deshalb sind wir überzeugt, dass eine Zuckersteuer ein wirksames Instrument ist, um den Zuckergehalt in Getränken zu senken und Kinder sowie Jugendliche besser zu schützen.“ 

Auch der frühere Landwirtschaftsminister und Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl in Baden-Württemberg, Cem Özdemir begrüßte den Beschluss der Nord-Union. „Ich würde die CDU-Initiative für eine Zuckersteuer nach britischem Vorbild für die Gesundheit unserer Kinder unterstützen“, sagte Özdemir WELT. „Das Ziel muss sein: gutes Essen für alle Menschen in Deutschland leichter machen. Dafür können Preissignale ein Baustein sein.“

Die Steuer wurde 2018 in England eingeführt. Viele Hersteller änderten daraufhin ihre Rezepte so, dass sie unter die Schwellenwerte fallen und keine Steuer auf ihre Produkte fällig wird. Das führte insgesamt zu einer deutlichen Reduktion des Zuckergehalts bei Getränken und zu einem insgesamt deutlich reduzierten Zuckerkonsum von Kindern und Erwachsenen.

In Frankreich hatte eine ähnliche Steuer dagegen kaum einen Effekt, da sie mit 15 verschiedenen Stufen als zu unkonkret formuliert galt. Daher wurde sie in diesem Jahr noch einmal verschärft und vereinfacht. (jmi)

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