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Griechenland: Brennende Wälder, leere Kassen

Griechenlands Premier übernimmt sein Amt unter schweren Bedingungen. Das Land bedarf dringender Strukturreformen.

Man zögert etwas, dem griechischen Premier Giorgos Papandreou, der am Dienstag als neuer Regierungschef vereidigt wurde, zu gratulieren. Schließlich übernimmt er das Amt des Ministerpräsidenten unter denkbar widrigen Bedingungen und steht zugleich unter einem enormen Zeitdruck. Sein Vorgänger Karamanlis hat überfällige Strukturreformen gescheut und so das Land an den Rand des Staatsbankrotts geführt.

2004 trat Karamanlis mit dem Versprechen an, der Verschwendung von Steuergeldern ein Ende zu machen und zehn Milliarden Euro im Haushalt einzusparen. Getan hat er das Gegenteil: von rund 30 Milliarden Euro im Jahr 2003 wuchsen die Primärausgaben im Budget in diesem Jahr auf fast 55 Milliarden – ein Anstieg von 75 Prozent. Die Steuereinnahmen nahmen dagegen nur um 61 Prozent zu. Das Resultat: Die Staatsverschuldung wuchs unter der Regierung Karamanlis von 160 auf 260 Milliarden Euro. Wird so weitergewirtschaftet wie bisher, kann das Land schon bald seine explodierenden Schulden nicht mehr bedienen. Das wäre ein Desaster für die gesamte Eurozone.

Während sich Karamanlis im Wahlkampf nun plötzlich aufs Sparen besann und tiefe Einschnitte im Haushalt ankündigte, will Papandreou einen anderen Weg gehen: mit einem milliardenschweren Konjunkturprogramm sollen die Wirtschaft angekurbelt und mehr Steuergelder in die Staatskasse gespült werden – ein riskanter Weg, der noch tiefer in die Schuldenfalle führen könnte, zumal in einem Land mit einer so großen Schattenwirtschaft wie Griechenland.

Genau durchrechnen muss Papandreou auch noch einmal, ob sich der Staat die versprochenen Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst und die Verbesserungen beim Arbeitslosengeld wirklich leisten kann. In der Finanzpolitik wird jedenfalls die EU-Kommission ein Wort mitzureden haben, denn unter deren Kuratel steht der chronische Defizitsünder Griechenland bereits seit dem Frühjahr.

Das politische System steckt zudem in einer tiefen Krise. Die Korruptionsaffären der Ära Karamanlis, brennende Wälder, die Ausschreitungen linker Chaoten im Vorjahr, denen die konservative Regierung hilflos zusah, und das Wiedererstarken des Terrorismus: das alles hat das Vertrauen der Griechen in die politischen Institutionen tief erschüttert. Daher wird es für Papandreou nicht leicht sein, diese Vertrauenskrise zu meistern. Zumal auch in seiner Partei Protektion und Günstlingswirtschaft tief verwurzelt sind.

Immerhin will Papandreou jetzt die Unvereinbarkeit von Partei- und Regierungsämtern durchsetzen. Striktere Regeln zur Parteienfinanzierung sollen den Einfluss der Unternehmen auf die Politik zurückdrängen. Der neue Regierungschef plant auch eine Wahlrechtsänderung, um das Netzwerk von Gefälligkeiten und Abhängigkeiten zwischen Wählern und Abgeordneten zu zerschlagen. Der Wahlsieger hat sich also viel vorgenommen. Zumal er neben dem Amt des Ministerpräsidenten auch das Außenministerium übernimmt.

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