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Bundestag schrumpft: Steuerzahler sparen 1,2 Millionen Euro pro Abgeordnetem
Durch die Wahlrechtsreform ziehen 103 Abgeordnete weniger in den nächsten Bundestag ein. Der Staat spart dadurch 125 Millionen Euro im Jahr. Den Großteil machen dabei nicht die Diäten aus.
Stand:
Seit über zwanzig Jahren bläht sich der Bundestag immer stärker auf. Nach der nächsten Wahl am Sonntag werden erstmals weniger Politikerinnen und Politiker in den Berliner Reichstag einziehen.
Statt derzeit 733, werden es nach Konstituierung des neuen Parlaments nur noch 630 Abgeordnete sein.
Der Steuerzahler dürfte dadurch 125 Millionen Euro jährlich sparen, wie am Donnerstag veröffentlichte Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigen. Das sind über 1,2 Millionen Euro je ausscheidendem Mitglied des Bundestages (MdB).
Im August hatte das Verfassungsgericht in Karlsruhe die Wahlrechtsreform der mittlerweile zerbrochenen Ampel-Regierung bestätigt. Dadurch fallen sogenannte Überhangs- und Ausgleichsmandate weg: Bisher erhielt eine Partei Überhangmandate, wenn sie mehr Wahlkreise direkt gewann, als ihr nach ihrem Zweistimmenergebnis eigentlich zustanden. Durch diese Verzerrung erhielten andere Parteien wiederum Ausgleichsmandate. Dadurch stieg die Zahl der Abgeordneten von 603 im Jahr 2002 auf den Rekordwert von 733 in der letzten Legislaturperiode.
Die Politik stellt unter Beweis, dass sie auch bei sich selbst zu Einschnitten bereit ist.
Tobias Hentze, Haushaltsexperte am Institut der Deutschen Wirtschaft
Über Jahre wurde diese Entwicklung von vielen Seiten kritisiert. Auch die beiden Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und Wolfgang Schäuble (beide CDU) sprachen sich in ihren Amtszeiten für eine Reform aus. Erst im Oktober 2020 konnten sich CDU und SPD auf eine Änderung des Wahlrechts einigen. Die führte allerdings nicht dazu, dass der Bundestag schrumpfte – im Gegenteil. Bei der letzten Wahl zogen nochmal 27 Abgeordnete mehr in den Bundestag ein. Erst die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat im März 2023 eine tatsächliche Reform durchgesetzt. Am Sonntag wird erstmals nach dem reformierten Wahlrecht gewählt.
Vor allem symbolische Wirkung
Dadurch werden sich nicht nur die blauen Sitzreihen des Plenarsaals lichten. Auch im Bundeshaushalt werden Mittel frei. Der Großteil der Einsparungen geht dabei nicht direkt auf die nicht mehr einziehenden Abgeordneten zurück. Durch die wegfallenden Diäten sparen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nur 13 Millionen Euro jährlich.
Deutlich stärker fallen die ausscheidenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MdBs ins Gewicht. Diese Einsparungen belaufen sich laut IW auf rund 44 Millionen Euro. Je nachdem wie viel Fraktionen im Parlament vertreten sind, könnten zusätzlich bis zu 20 Millionen Euro frei werden. Weitere Posten sind weniger Ausgaben für Reisen oder Büromittel. Bei den Gebäuden bleibt der kurzfristige Effekt dagegen gering.
Die eingesparten 125 Millionen Euro dürften in der aktuell angespannten Haushaltslage trotzdem nicht stark ins Gewicht fallen. Laut Haushaltsentwurf plant die Regierung im kommenden Jahr Ausgaben von über 488 Milliarden Euro. Ökonominnen und Ökonomen sehen einen zusätzlichen Investitionsbedarf in dreistelliger Milliardenhöhe.
Trotzdem hat die Reform und ihre Einsparungen Symbolwert. „Die Politik stellt unter Beweis, dass sie auch bei sich selbst zu Einschnitten bereit ist“, sagt IW-Haushaltsexperte Tobias Hentze. Das könne für die nächsten vier Jahre ein gutes Vorzeichen sein.
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