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Verwaltungsgericht weist AfD-Klage ab: Bundesverfassungsgericht darf Journalisten vorab über Urteile informieren
Seit Jahrzehnten gibt es eine Vorzugsbehandlung für Medien in Karlsruhe, die die AfD nach Ansicht der Partei dumm dastehen lässt. Dabei bleibt es vorerst.
Stand:
Die AfD ist mit einer Klage gescheitert, die umstrittene Praxis der Vorabinformation über Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu verbieten. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies am Freitag Anträge der Partei zurück, die exklusive Zusammenarbeit des Gerichts mit einer Karlsruher Journalistenvereinigung zu beenden oder – hilfsweise – die Partei in künftigen Verfahren zeitgleich mit der Presse über anstehende Urteile zu informieren.
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Der Tagesspiegel hatte die an einem deutschen Gericht einzigartige Form der Medienarbeit vor zwei Jahren öffentlich gemacht. Demnach haben Mitglieder der „Justizpressekonferenz“ (JPK), eines privaten Vereins rechtspolitischer Fachjournalisten, am Vortag einer Urteilsverkündung die Möglichkeit, die Pressemitteilung sowie den Text eines mündlichen Eingangsstatements der Senatsvorsitzenden an der Pforte des Gerichts abzuholen. Sie können sich damit auf die Urteilsverkündung vorbereiten und bereits Nachrichten verfassen, dürfen diese aber erst nach der Verkündung öffentlich verbreiten.
AfD sieht ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt
Die AfD sieht darin insbesondere eine Verletzung ihres Rechts auf ein faires Verfahren als Beteiligte in Prozessen vor dem Bundesverfassungsgericht. Da in der JPK auch viele Vertreter öffentlich-rechtlicher Rundfunksender seien, würden klagende Parteimitglieder nach den oft Aufsehen erregenden Prozessen von Journalisten mit einem überlegenen Wissen vor Kameras befragt, erläuterte AfD-Prozessvertreter Ulrich Vosgerau bei der mündlichen Verhandlung am Donnerstag. Die verlangte Sperrfrist hindere Journalisten zudem nicht, die Informationen weiterzugeben, auch an Politiker. Dies lasse AfD-Politiker dumm und unwissend erscheinen.
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Die Partei war bereits vor zwei Jahren mit einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. Anlass war eine Urteilsverkündung des Verfassungsgerichts zu Äußerungen des damaligen Innenministers Horst Seehofer (CSU), die AfD sei „staatszersetzend“.
Die Praxis, einen Journalistenzirkel über Urteile noch vor den beteiligten Klägern und Beklagten zu informieren, ist offenbar Jahrzehnte alt, wurde aber von allen beteiligten Seiten geheim gehalten. Das Bundesverfassungsgericht rechtfertigt sich damit, es habe die einschlägigen Richtlinien auf Presseanfragen dargelegt. Neben der AfD haben sich auch Linke und FDP kritisch zu dem Vorgehen geäußert. Der Presserat mahnte eine Gleichbehandlung von Journalisten an, der Deutsche Journalisten-Verband nannte die Praxis am Gericht befremdlich und „aus der Zeit gefallen“.
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