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Politik: Bundesverfassungsgericht wartet Novelle der Regierung ab

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Sozialabgaben auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird möglicherweise gar nicht erforderlich. Wie der Vizepräsident des obersten Gerichts in Karlsruhe, Hans-Jürgen Papier, am Donnerstagabend erklärte, arbeitet die Bundesregierung bereits an einer entsprechenden Gesetzesänderung.

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Sozialabgaben auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird möglicherweise gar nicht erforderlich. Wie der Vizepräsident des obersten Gerichts in Karlsruhe, Hans-Jürgen Papier, am Donnerstagabend erklärte, arbeitet die Bundesregierung bereits an einer entsprechenden Gesetzesänderung. Entgegen der bisherigen Praxis sollen danach künftig bei der Berechnung von Kranken- oder Arbeitslosengeld auch die geleisteten Sozialabgaben auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld eingerechnet werden.

Entsprechende Auskünfte habe das Gericht bei Erkundigungen im Berliner Bundesarbeitsministerium bekommen, sagte Papier, der dem für dieses Verfahren zuständigen Ersten Senat in Karlsruhe vorsteht. Das Bundesverfassungsgericht muss sich mit Vorlagen mehrerer Sozialgerichte befassen, die bezweifelten, dass es rechtmäßig ist, zwar Sozialabgaben auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu erheben, diese aber nicht auf mögliche Ansprüche der Betroffenen auf Kranken- oder Arbeitslosengeld anzurechnen. Eine Entscheidung darüber steht auf dem Arbeitsprogramm des Ersten Senats für dieses Jahr. Aus Papiers Äußerungen ging jedoch hervor, dass zunächst einmal die Einzelheiten der Berliner Gesetzesänderung abgewartet werden sollen. Entscheidend dürfte dabei sein, ob die Anrechnung der Ansprüche auch rückwirkend erfolgt, was allerdings ein Milliardenloch in die Etats der Krankenkassen und der Bundesanstalt für Arbeit reißen könnte.

Auf der Jahrespressekonferenz des Bundesverfassungsgerichts teilte dessen Präsidentin Jutta Limbach mit, dass die Zahl der in Karlsruhe eingegangenen Verfahren im vergangenen Jahr erstmals seit 1995 wieder leicht gestiegen ist. Genau waren es mit 4 885 102 mehr als im Vorjahr. Während die Zahl der Fälle zum Asylverfahren weiter stark zurückging, wurde vor allem bei denen zum Ausländerrecht und zum Strafvollzug ein Anstieg verzeichnet. Die Erfolgsquote der vom Verfassungsgericht abgeschlossenen Verfahren ging von 2,7 auf 2,6 Prozent weiter zurück. Limbach wertete diese geringe Zahl als "Kompliment für die Rechtsstaatlichkeit" in Deutschland.

Der von ihr geleitete, für Staatsrecht zuständige Zweite Senat will sich bis Ende des Jahres unter anderem mit der Rechtmäßigkeit erhöhter Diäten für Landtagsabgeordnete mit besonderen Funktionen, der Bananenmarktordnung und einer Verfassungsbeschwerde der Zeugen Jehovas gegen ihre Einstufung als Körperschaft befassen. Laut Limbach wolle das Gericht noch im Jahr 2000 über die Verfahren zur Rentenbesteuerung entscheiden. Es sei aber nicht sicher, ob dies wirklich bis zum Jahresende zu schaffen sei. Auf dem Programm des für Grundrechte zuständigen Ersten Senats steht laut Papier unter anderem die Frage, ob DDR-Richtern und Staatsanwälten, die mit politischen Verfahren befasst waren, ihre Zulassung als Rechtsanwalt oder Notar untersagt werden kann. Auch die Verstaatlichung der Spielbanken in Baden-Württemberg und die Bezeichnung der Osho-Bewegung als Jugendsekte seitens der Bundesregierung werden das Gericht beschäftigen. Nicht sicher sei, ob Klagen gegen das Unterrichtsfach Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde (LER) noch in diesem Jahr abschließend behandelt werden können.

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