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Interview: „Cameron hat ein Problem in der Partei“

Guy Verhofstadt, Chef der Liberalen-Fraktion im Europaparlament, hält nichts von Camerons Drohungen gegenüber der EU.

Herr Verhofstadt, Londons Premier David Cameron will die Briten über die Mitgliedschaft in der EU abstimmen lassen. Herrscht nun mehr Klarheit über Camerons Kurs in der EU?

Ich kann nicht erkennen, dass Herr Cameron für Klarheit gesorgt hat. Das war nicht die Rede des britischen Premierministers, sondern die Rede des Vorsitzenden der britischen Konservativen, der ein innerparteiliches Problem hat. Wir wissen jetzt zwar, dass es ein Referendum geben soll. Aber wir wissen nicht, wann es stattfinden und welche Frage dabei gestellt werden soll. Herr Cameron verlangt eine Neuverhandlung der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens. Ich glaube nicht, dass die übrigen EU-Staaten ihm dies zugestehen werden. Man kann doch nicht Einzelverhandlungen über die EU-Mitgliedschaft beginnen – am Ende haben wir dann 27 unterschiedliche Formen einer EU-Mitgliedschaft.

Was passiert, wenn beim Referendum die Frage gestellt wird, ob die Briten in der EU bleiben wollen oder nicht?

Ich denke, dass sehr klar ist, was passieren wird. Es wird voraussichtlich zu einer gemeinsamen Neuverhandlung unserer EU-Verträge im Jahr 2015 und 2016 kommen – allerdings nicht in dem Sinne, wie sich Herr Cameron das vorstellt. Es wird bei diesen Verhandlungen nicht darum gehen, mehr Ausnahmeregelungen für Großbritannien zu schaffen, sondern um eine verstärkte Integration in der EU und um die Stärkung der Gemeinschaftswährung. Und dann kann Herr Cameron sagen, ob die Briten dabeibleiben oder austreten wollen.

Bei diesem Szenario würde sich wohl eine Mehrheit der Briten beim Referendum für einen EU-Austritt entscheiden.

Es hat in den letzten Wochen einen Meinungsumschwung in der britischen Bevölkerung gegeben. Erstmals seit Jahren ist der Anteil der EU-Befürworter größer als jener der EU-Gegner. Warum? Weil die britische Wirtschaft unter einem EU-Austritt erheblich leiden würde: Die Hälfte der britischen Exporte gehen in die EU.

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