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Protest. Eine Aktivistin hängt ein Banner vor dem Zwischenlager in Ahaus auf. Foto: dpa

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Mehr Transporte geplant: Castor: Quer durch Europa und zurück

Verschiedene Ziele, verschiedene Absender – neue Castortransporte stehen an. Dabei sind die Bilder der Proteste des Transportes nach Gorleben noch frisch.

Die Bilder vom Castortransport nach Gorleben und den massiven Protesten dagegen sind erst drei Wochen alt, doch schon sind weitere Transporte mit hoch radioaktivem Abfall angekündigt. Aus dem nordrhein-westfälischen Zwischenlager Ahaus sollen 18 Castoren in die Wiederaufbereitungsanlage Majak im Südural gebracht werden. Für Mitte Dezember und Anfang 2011 sind zwei Transporte zum Zwischenlager Nord bei Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern geplant.

Der Atomkomplex Majak im Ural ist 60 Jahre alt. Die teilweise besiedelte Region gilt nach einem schweren Unfall im Jahr 1957 und vielen weiteren Störfällen als ökologisches Katastrophengebiet. Dort sollen in Kürze 951 abgebrannte Brennelementen aus Ahaus abgestellt werden. Die Brennelemente stammen ursprünglich aus Russland, genutzt wurden sie in dem 1991 stillgelegten Atomforschungszentrum Rossendorf in Sachsen. Von dort kamen sie 2005 ins Zwischenlager. Begründet wird der Re-Export nach Russland durch ein internationales Abkommen. Demnach müssen Brennelemente, die zu Forschungszwecken aus Russland importiert wurden, von Russland zurückgenommen werden. Umweltschützer weisen aber darauf hin, dass aus der Rücknahmeverpflichtung Russlands keine Rückgabepflicht Deutschlands resultiert.

Tatsächlich geht es auch ums Geld. Rund drei Millionen Euro muss Sachsen jedes Jahr für die Lagerung des Atomschrotts in Ahaus zahlen. Der Atommüll soll über norddeutsche Häfen nach Russland verschifft werden. Doch das gestaltet sich schwierig: Bremen will nach einem Beschluss der Bürgerschaft seine Häfen für Castor-Transporte sperren, Emden verbietet durch eine Hafenordnung ausdrücklich den Transport radioaktiven Materials, Hamburg und Cuxhaven lehnen den Umschlag des Atommülls ebenfalls ab. Nun gibt es auch in Mecklenburg-Vorpommern Widerstand. In Betracht kommt möglicherweise ein Hafen in Frankreich oder den Niederlanden.

Die Regierung in Schwerin sieht auch den beiden bevorstehenden Castortransporten ins Zwischenlager Nord mit großem Unbehagen entgegen. Ursprünglich sollten dort nur Abfälle deponiert werden, die beim Abriss der DDR-Kraftwerke Greifswald und Rheinsberg anfallen. In Lubmin lagern neben schwach und mittelradioaktiven Abfällen mittlerweile 65 Castorbehälter mit 5048 hoch radioaktiven Brennelementen. Ein Teil des nun hinzukommenden Atommülls stammt aus Geesthacht, 52 abgebrannte Brennelemente waren dort im 1979 stillgelegten Atomforschungsschiff „Otto Hahn“ eingesetzt. Sie werden zunächst im französischen Atomzentrum Cadarache in Castorbehälter umgeladen und voraussichtlich Mitte Dezember nach Deutschland gebracht. Ein weiterer Transport von fünf Castoren mit Rückständen aus der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe wird im Frühjahr 2011 in Lubmin erwartet.

Gegen die Einlagerung in Lubmin machen Umweltschützer massive Sicherheitsbedenken geltend. So gebe es im Zwischenlager Nord keine „heiße Zelle“, also einen abgeschirmten Raum, in dem defekte Castoren notfalls untergebracht werden können. Anders als bei den von der Atomwirtschaft betriebenen Zwischenlagern Gorleben und Ahaus handelt es sich in Lubmin gewissermaßen um einen Staatsbetrieb: Eigentümer sind die Energiewerke Nord, die zu 100 Prozent dem Bundesfinanzministerium gehören.

Mit Kundgebungen und Lampionumzügen wollen ab Montag Atomkraftgegner in etwa 50 deutschen Städten gegen die Castortransporte nach Lubmin und Majak protestieren. Zum Auftakt würden zu sogenannten Montagsspaziergängen tausende Menschen erwartet, teilte das Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom mit.

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