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CBS-Doku über Kampf gegen Hasskriminalität: Trump-Vize kritisiert deutsche Justiz – auch Kubicki sieht „autoritäre Auswüchse“
J.D. Vance nennt das deutsche Vorgehen gegen Hassreden im Internet „orwellianisch“. Auch in der FDP sieht man die Meinungsfreiheit gefährdet. Niedersachsens Justizministerium wehrt sich.
Stand:
Schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Freitag erklärte J.D. Vance die Meinungsfreiheit in Deutschland und Europa für eingeschränkt. Nun erhebt der amerikanische Vizepräsident konkrete Vorwürfe gegen die deutsche Justiz, und zwar, dass sie Meinungsäußerungen kriminalisiere.
„Jemanden zu beleidigen, ist kein Verbrechen, und Sprache zu kriminalisieren, wird eine echte Belastung für die europäisch-amerikanischen Beziehungen sein“, schrieb Vance auf der Plattform X.
Der Stellvertreter von US-Präsident Donald Trump bezog sich dabei auf einen Ausschnitt aus einem Bericht des US-Senders CBS. Der Bericht erklärt unter anderem anhand der niedersächsischen Justiz, wie Deutschland gegen Hassreden, Drohungen und Beleidigungen im Internet vorgeht. „Das ist orwellianisch, und jeder in Europa und den USA muss diesen Wahnsinn zurückweisen“, schrieb Vance. Durch den CBS-Beitrag dürfte sich der US-Vizepräsident in seiner viel beachteten Kritik auf der Sicherheitskonferenz bestätigt fühlen.
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Die Beschreibung als „orwellianisch“ (auf Englisch „Orwellian“) nimmt Bezug auf das Werk des britischen Schriftstellers George Orwell, dessen dystopischer Roman „1984“ eine Gesellschaft schildert, die von Überwachung und Zensur geprägt ist.
Justizministerium hält Hass im Netz für „Gift für unsere Demokratie“
Niedersachsens Justizministerium wehrt sich gegen die Kritik aus den USA. „Hass und Hetze im Internet bleiben eine akute Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft“, teilte ein Sprecher mit. „Mehr und mehr Menschen, denen es um sachliche Diskussionen geht, ziehen sich aus dem Internet zurück – das ist Gift für die Meinungsvielfalt, Gift für offene Diskussionen und damit auch Gift für unsere Demokratie.“
Geregelt ist die Meinungsfreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes. Darin heißt es: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“. Allerdings hat sie Schranken, auf die auch das niedersächsische Justizministerium hinweist: Die Meinungsfreiheit Einzelner ende dort, wo Kommentare oder Postings die Rechte und Freiheiten anderer verletzten.
„Straftaten im Zusammenhang mit digitalem Hass müssen deshalb konsequent verfolgt und die Täter bestraft werden“, betonte das Ministerium in Hannover. Die im CBS-Beitrag gezeigte niedersächsische Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet arbeite vorbildlich mit dem Bund und anderen Bundesländern zusammen.
Vance erhält Zuspruch aus der FDP – und von Musk
FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki sieht das vollkommen anders. „Diese Durchsuchungen unterhöhlen das Vertrauen in die Geltung des Grundgesetzes“, schrieb Kubicki auf X, mit Bezug auf den CBS-Beitrag: „Wer im Angesicht solcher Bilder noch beruhigt schlafen kann, hat den Wert der Meinungsfreiheit für das demokratische Gemeinwesen nicht verstanden.“
Der 72-Jährige bezeichnete die Durchsuchungen zudem als „autoritäre Auswüchse“, die er während der nächsten Legislaturperiode verhindern wolle. Die Freien Demokraten liegen bei den meisten Umfrageninstituten aktuell unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde und würden nach jetzigem Stand aufgrund ihres Zweitstimmenergebnisses nicht wieder in den Bundestag einziehen.
Auch X-Inhaber Elon Musk stimmt Vance zu: „Menschen wegen Memes oder Beleidigung eines deutschen Politikers ins Gefängnis zu werfen ist verrückt.“ Der Tech-Milliardär bezieht sich mit seiner Kritik ebenfalls auf eine Szene aus der Doku, in der die Wohnung einer Person durchsucht wird, weil sie einen rassistischen Cartoon im Netz gepostet haben soll. Musk gehört zu den wohl prominentesten und radikalsten Verfechtern einer uneingeschränkten Meinungsfreiheit.
Bereits bei der Sicherheitskonferenz in München hatte US-Vizepräsident Vance die Ansicht vertreten, in Europa werde nicht genug für freie Berichterstattung getan, wie sie die US-Regierung definiert. Zudem warb er vor der Konferenz für eine Koalition mit der in Teilen rechtsextremen Alternative für Deutschland. Deren Vorsitzende, Alice Weidel, traf er in München, anders als etwa Bundeskanzler Olaf Scholz. (mit dpa)
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