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Neue und alte Vorsitzende: Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel.

© Christian Charisius/dpa

CDU-Parteitag: Annegret Kramp-Karrenbauer ist neue CDU-Vorsitzende

Mit 517 Stimmen wählt der CDU-Parteitag Kramp-Karrenbauer zur neuen Chefin. Sie bittet Friedrich Merz und Jens Spahn um eine weiterhin enge Zusammenarbeit.

Um 16.57 Uhr ist das Ergebnis da und ein nervenaufreibender Tag zu Ende: Annegret Kramp-Karrenbauer ist die neue Chefin der CDU. Mit 517 Stimmen gewinnt sie denkbar knapp vor Friedrich Merz, der 482 Stimmen auf dem Parteitag in Hamburg erhält. Kramp-Karrenbauer, die zu Tränen gerührt ist, wird von Angela Merkel, ihrer Vorgängerin, geherzt. Es ist kein Geheimnis: AKK war die Favoritin der Kanzlerin.

Ihre ersten Worte, nachdem sie die Wahl angenommen hat, richtet Kramp-Karrenbauer aber an Friedrich Merz und Jens Spahn. Ihnen dankt sie ausdrücklich für den „fairen Wettbewerb“ und bittet beide, den weiteren Prozess in der Partei mit eng zu begleiten. Friedrich Merz lächelt zwar, hat aber doch deutlich feuchte Augen. Er will nicht für einen anderen Posten kandidieren.

Den Auftakt dieses denkwürdigen CDU-Parteitages machte am Freitag aber eine entspannt wirkende Angela Merkel. In ihrer letzten Rede als Parteichefin ruft sie die Union zur Geschlossenheit auf. „Wohin uns nicht enden wollender Streit führt, dass haben CDU und CSU in den letzten Jahren bitter erfahren.“ Sie wird von den 1001 Delegierten mit einem knapp zehnminütigen, stehenden Applaus verabschiedet. Viele halten Schilder mit der Aufschrift „Danke, Chefin“ hoch.

Bei der anschließenden Aussprache werden die Delegierten unruhig. Sie wollen die Reden der Bewerber hören, abstimmen – die Wortmeldungen der CDU-Funktionäre am Rednerpult interessieren in diesem Moment wenige. Am Rande des Plenums wird unterdessen weiter spekuliert.

Sowohl AKK als auch Merz haben Fehler gemacht, heißt es, wenn man sich in der Partei umhört. Merz sogar ein paar mehr. Da war die Sache mit der Debatte über das Asylgrundrecht, als er kurz nach seinem Vorstoß wieder zurückruderte. Sein Vorwurf, seine Partei habe den Aufstieg der AfD mit einem Achselzucken hingenommen. Der verdruckste Umgang mit seinem Gehalt. Und auch seine Forderung, Altersvorsorge über Aktien steuerlich zu begünstigen, fanden einige aus seinem Mund unpassend. Auf das Minuspunktekonto von AKK wird ihre als zu heftig empfundene Reaktion auf Merz’ Achselzucken-Zitat geschrieben. Die Saarländerin hatte von einem „Schlag ins Gesicht“ gesprochen.

Langer Applaus für AKK

Als AKK am frühen Nachmittag ans Mikrofon tritt, nimmt sie einen großen Schluck aus ihrem Wasserglas und beginnt dann ganz ruhig. „Dies ist für mich ein besonderer Moment, ein besonderer Tag.“ Es dauert eine Weile, bis sie in Fahrt kommt. Kramp-Karrenbauer spricht von Mut. Den brauche es für die Zukunft. Sie spricht von Forschung, von Digitalisierung, von öffentlichem Nahverkehr, vom Abbau von Bürokratie. Kramp-Karrenbauer bekommt Applaus für Sätze wie: „Leistung muss sich lohnen“ und „Diesen Staat gibt es nicht zum Nulltarif“.

Sie appelliert an die Einheit der CDU. „Egal, wer hier heute gewinnt, keiner von uns drei Kandidaten wird der Untergang für diese Partei sein.“ Dann schaltet sie auf Angriff: Sie habe ja viel über sich gelesen. „Mini“, eine Kopie, ein einfaches „Weiter so“. Aber sie habe Wahlen gewonnen, nicht trotz, sondern weil sie so sei wie sie sei. Sie habe gelernt, was es heißt zu führen. „Dass es bei Führung mehr auf die innere Stärke als auf die äußere Lautstärke ankommt.“ Sie bekommt Standing Ovations von einem Teil der Delegierten, langen Applaus.

Merz Rede ist dann das Kontrastprogramm. Während Kramp-Karrenbauer das Thema Migration und Grenzen allenfalls indirekt anschnitt, spricht Merz es offensiv an. Es sei für ihn unerträglich, dass die AfD nicht nur in allen 16 Landtagen sondern auch als stärkste Oppositionspartei im Bundestag sitze. Es gelinge der CDU nicht, Wähler von der AfD zurückzugewinnen. Merz betonte: „Die Bürger erwarten, dass der Staat die Kontrolle über sein Grenzen und die Menschen die zu uns kommen behält.“ Der Nationalstaat sei nicht überholt, sondern sei immer noch der Ort, der Sicherheit im Alltag gewährleiste. Auch für Merz ist der Applaus groß.

Auch ein Sieger des heutigen Tages: Jens Spahn

Als Dritter im Bunde spricht auch Gesundheitsminister Jens Spahn offensiv seinen Nachteil an. Er habe in den letzten Tagen und Stunden viel gehört. „Sei doch nicht so ungeduldig, nicht so ehrgeizig, nicht so überambitioniert. Zieh doch zurück, du hast doch eh keine Chance, du hast noch so viel Zeit.“ Spahn fragt: „Ist das die Haltung mit der wir der wir in der CDU die dinge angehen?“ In seiner Rede skizziert der 38-Jährige die Zukunft, die er sich im Jahr 2040 für Deutschland vorstellt. Dabei ist sicher einkalkuliert, dass sich der Zuhörer automatisch fragt, wie alt dann seine beiden Mitbewerber Merz und Kramp-Karrenbauer sein werden (85 und 78). Spahn hat sichtlich Spaß an seiner Rede, auch weil er weiß, dass es für ihn nicht darauf ankommt, zu gewinnen. Für ihn geht es vor allem um ein respektables Ergebnis. Und das bekommt er dann ja auch mit 15,7 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang. Jens Spahn hat an diesem Tag zwar verloren, aber eben auch gewonnen.

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