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Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen.

© imago/Christian Grube/IMAGO/ArcheoPix

Update

„Lupenreine Trennung hält niemand durch“: Sachsens Ministerpräsident fordert pragmatischen Umgang mit der AfD

Nach der umstrittenen AfD-Aussage von CDU-Chef Merz wünscht sich Michael Kretschmer (CDU) mehr Präzision in der Argumentation. Tobias Hans (CDU) äußert Zweifel an Merz’ Eignung als potenziellen Kanzlerkandidaten.

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Sachsens CDU-Chef und Ministerpräsident Michael Kretschmer plädiert für mehr Präzision in der Argumentation im Umgang mit der AfD. „Wir dürfen nicht nur einfach reflexartig von einer Brandmauer sprechen“, sagte er am Montag dem Online-Portal der „Sächsischen Zeitung“ in Dresden.

Er wiederhole seit seinem Amtsantritt als Regierungschef im Herbst 2017 immer wieder, dass er nicht mit der AfD zusammenarbeiten wolle, die Parteitagsbeschlüsse der Bundes-CDU seien „eindeutig in der Sache“. Die Menschen müssten aber auch nachvollziehen können, „warum wir als CDU keine Zusammenarbeit mit der AfD wollen“.

Ein Fehler in der Debatte zum Umgang mit der AfD sei es immer wieder, mit Verkürzungen zu arbeiten, kritisierte Kretschmer. Die AfD sei in Gemeinde- und Kreisräte sowie Landesparlamente „gewählt wie jede andere Partei“ und Gemeinderäte nach der sächsischen Gemeindeordnung Teil der Verwaltung. „Wir müssen aus dem Umgang mit der NPD lernen und dürfen keine Märtyrer erzeugen, mit denen angeblich niemand sprechen will, um drängende lokale Probleme wie etwa den Bau eines Kindergartens zu lösen.“

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In einem Interview mit der FAZ präzisiert Kretschmar den Ungang mit der AfD auf kommunaler Ebene. „Bei Sachentscheidungen in Städten und Gemeinden, also beispielsweise der Sanierung einer Schule, können wir nicht sagen: Wir sind dagegen, weil die AfD dafür ist“. Ihm zufolge würden sich die Leute dann erst recht von den Demokraten abwenden. „Diese lupenreine Trennung hält auf kommunaler Ebene niemand durch, auch SPD und Grüne nicht.“

Der Wesenskern der Partei, der sich in Parteiprogrammen, Beschlüssen und der Auswahl der Führungsspitze ausdrücke, bereite ihm vor allem Sorgen, sagte Kretschmer. Hier gebe es eine so eindeutige Radikalisierung, die der Grund sei, warum eine Zusammenarbeit falsch sei.

„Die AfD ist eben gerade keine normale demokratische Partei. Sie ist im Gegenteil eine radikal populistische Partei, die die vielen Werte unseres anständigen Zusammenlebens missachtet.“ In der AfD hätten die rechtsextremen Kräfte immer mehr Auftrieb bekommen. „Es muss jedem klar sein, was der Wesenskern dieser Truppe ist.“

Tobias Hans (CDU), damaliger saarländischer Ministerpräsident, gibt ein Pressestatement ab.

© dpa/Oliver Dietze

Saarländischer Ex-Ministerpräsident äußert Zweifel an der Eignung von Merz als Kanzlerkandidat

Der ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat Zweifel an der Eignung von Friedrich Merz als Kanzlerkandidat geäußert und dem CDU-Chef mangelnde Führungskraft attestiert. Dem Magazin „Stern“ sagte Hans auf die Frage, ob Merz noch der richtige Vorsitzende sei: „Mittlerweile muss man vor jedem Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt.

Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein von der CDU gestellter Bundeskanzler solche Sorgen hervorruft.“ Hans fügte hinzu: „Und wenn jemand das erklärte Ziel hatte, die AfD zu halbieren - und die sich dann aber locker verdoppelt - dann ist das zumindest kein Ausweis für Erfolg.

Und auch der Wechsel eines Generalsekretärs, nach nur eineinhalb Jahren, spricht nicht für Führungsstärke“, sagte Hans mit Blick auf den Wechsel von Mario Czaja zu Carsten Linnemann auf dem Posten des Generalsekretärs.

Äußerungen von Merz im ZDF-Sommerinterview zum Umgang mit der AfD auf kommunaler Ebene waren von vielen als Aufweichung der klaren Abgrenzung der CDU zu der rechtspopulistischen Partei interpretiert worden. Merz nannte am Montag solche Vorwürfe abwegig und machte deutlich, dass auch aus seiner Sicht der Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei gelte und es auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD gebe. Für seine Äußerungen vom Sonntag hatte Merz auch in den eigenen Reihen viel Kritik geerntet.

AfD ist „politischer Feind“

Hans betonte, die CDU müsse einen Konsens mit demokratischen Parteien suchen und nicht mit der AfD, die er als „politischen Feind“ bezeichnete. Er schlug dabei ausdrücklich einen Bogen zum Ende der Weimarer Republik. „Nun wird es schwer, dass ein Kreisvorsitzender oder Bezirksvorsitzender der Ortsebene aufgibt, keinen Ortsvorsteher mit der AfD zu wählen.

Genauso hat schleichend das Versagen eines kompletten Staates in der Weimarer Republik begonnen und zu schrecklichen Dingen geführt, die im deutschen Namen über die Welt gebracht worden sind. Ich kann nur daran erinnern, dass auch die NSDAP in demokratischen Wahlen gewählt wurde. Die AfD steht bundesweit nun bei 22 Prozent. Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern fünf nach zwölf. Das muss auch Friedrich Merz endlich sehen“, mahnte Hans.

Für Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sind die Äußerungen von Merz „missverständlich“ gewesen und „haben zu Problemen geführt.“ Reul betonte am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin, man müsse eine klare Grenze zur AfD ziehen.

„Die Leute müssen wissen, warum wir die AfD problematisch finden. Wenn die Leute merken, was für ein Gehampel da im Moment unterwegs ist, dann sagen die Leute „Ja Gott, die können es alle nicht“. Und dann wählen sie die AfD.“

Auf die Frage, ob Merz noch die richtige Person für das Amt als CDU-Vorsitzender ist, antwortete Reul: „Er ist der gewählte Vorsitzende von Fraktion und von Partei, und damit hat sich das.“ Er betrachte den Fall nun als „in der Sache geklärt“, da Merz noch einmal klargestellt habe, was er wirklich gemeint habe.

Kanzlerkandidatur in der CDU noch offen

Die Frage, ob Merz Kanzlerkandidat werde, hält Hans für „völlig offen“. „Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass der Spitzenkandidat einer Partei Regierungserfahrung mitbringt - und Fingerspitzengefühl bei schwierigen Fragen“, sagte Hans. Er machte deutlich, dass die Union gute Regierungschefs in den Ländern habe, die man ins Team holen müsse. „Nur gemeinsam sind wir stark. Das muss die Parteiführung noch lernen“, mahnte Hans.

Mir drängt sich der Verdacht auf, dass es sich um eine Strategie handelt, um den Versuch, einen neuen Sound in der CDU zu etablieren. Das ist der Abschied vom Kurs der Mitte, mit dem die CDU fast 20 Jahre lang erfolgreich regiert hat

Tobias Hans (CDU)

Er warnte zugleich vor einer Kursverschiebung der Union weg von der Mitte. Auf Äußerungen von Merz, der die CDU als „Alternative für Deutschland - mit Substanz“ und die Grünen als Hauptgegner bezeichnet hatte, sagte Hans: „Mir drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass es sich dabei um eine Strategie handelt, um den Versuch, einen neuen Sound in der CDU zu etablieren. Das ist der Abschied vom Kurs der Mitte, mit dem die CDU fast 20 Jahre lang erfolgreich regiert hat.“

CSU-Generalsekretär hält Debatte für „insgesamt nicht hilfreich“

Trotz der Diskussionen um Merz erhebt die Schwesterpartei CSU zunächst keinen Anspruch auf eine Kanzlerkandidatur ihres Vorsitzenden Markus Söder. „Personalfragen sind keine Fragen, die jetzt diskutiert werden“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber am Dienstag in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv. Für die CSU gehe es darum, mit voller Kraft auf die Landtagswahlen in Bayern im Oktober hinzuarbeiten.

„Insofern ist unser Ziel, dass wir am 8. Oktober ein gutes Ergebnis einfahren, dass Markus Söder Ministerpräsident bleibt“, sagte Huber. Die Politik müsse sich dabei noch stärker um die Sorgen und Nöte der Bürger in Deutschland kümmern. „Denn das ist ja eigentlich auch der Hauptgrund, warum in den Umfragen die AfD da steht, wo sie steht: Weil eben beispielsweise auch von der Ampel meilenweit an der Lebenswirklichkeit vorbei regiert wird.“

Der CSU-Generalsekretär kritisierte Merz für seine Äußerungen zu einer Zusammenarbeit mit der AfD in den Kommunen. „Die Debatte ist natürlich insgesamt nicht hilfreich“, so Huber. Die CSU aber habe klipp und klar deutlich gemacht, dass für sie die Brandmauer zur AfD stehe. Die Partei sei geschichtsvergessen und wohlstandsvernichtend. „Wer aus der Europäischen Union, dem Euro und aus der Nato austreten will, der schadet unserem Land ganz massiv.“ (dpa, AFP)

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