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CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

© dpa/ Oliver Dietze

CDU unter Kramp-Karrenbauer: AKK verliert schon ihre Strahlkraft

Die CDU-Vorsitzende muss um ihre Autorität bangen. Mit ihrem Zögern in der Kanzlerinnenfrage verspielt sie das Momentum des Neuen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das geht ja noch schneller als gedacht. Sagen wir so: In der CDU gibt es jetzt schon einige, die mit Macht an dem Ast sägen, auf dem Annegret Kramp-Karrenbauer, kurz AKK, sitzt, damit sie es gar nicht erst in die Baumkrone schafft. Wer sie nämlich von da oben vertreiben wollte, der müsste dann wohl doch den ganzen Baum ansägen. Aber auszuschließen ist nicht einmal das.

Die CDU hat sich für AKK als Vorsitzende und Nachfolgerin von Angela Merkel deswegen entschieden, weil sie in manchem die Anti-Merkel ist. Sie zeigte sich in Hamburg als authentische Christdemokratin, mit allem, was seit Jahrzehnten dazugehört, mit christlich-sozialen, liberalen und gesellschaftlich konservativen Aspekten. Hinzu kam die geradezu leidenschaftlich vertretene Bereitschaft zur erschöpfenden innerparteilichen Diskussion; die Bereitschaft, nicht alles anzuordnen und gemeinschaftlich zu leiten. Dazu zählt im Übrigen auch eine wieder deutlich verbesserte, wirklich geschwisterliche Zusammenarbeit mit der CSU. Insofern, zusammengefasst, wirkte das wie dieses Versprechen: erst die Partei, dann das Land.

Die CO2-Steuer und "die kleinen Leute"

Das war vor wenigen Monaten, und wer sagt, dass sich die nach innen entfaltete Strahlkraft schon abgenutzt hat, der bekommt gerade erschreckend recht. Denn AKK, der Vorsitzenden, wird in einer einer wichtigen Frage in einer Weise aus dem Parteiestablishment widersprochen, dass es seinesgleichen, ihresgleichen sucht. Thema CO2-Steuer: Da zeigt sich, dass sie bereits zu diesem frühen Zeitpunkt um ihre Autorität als Vorsitzende bangen und kämpfen muss, beides zugleich.

Dabei wird AKK meinen, im Sinne ihres Gesamtversprechens an die Partei alles richtig gemacht zu haben. Also, da warnt sie – christlich-sozial – vor der Belastung „kleiner Leute“ durch eine Steuer auf Emissionen, weil sich das in einer zusätzlichen Belastung niederschlagen und Berufspendler und Menschen mit geringeren Einkommen besonders treffen würde. Zugleich wendet sie sich – liberal- konservativ – gegen eine weitere Steuer. Und dann fordert sie eine offene Diskussion, ob es nicht schlauere Lösungen für mehr Klimaschutz gibt, was dem Vorsatz des gemeinschaftlichen Leitens entspricht – und dem Wunsch nach guter Zusammenarbeit mit der CSU. Die würde nämlich vieles tun, damit es nicht zu einer CO2-Steuer kommt, würde dafür sogar nötigenfalls an den Fortbestand der großen Koalition rühren.

Dass Brinkhaus opponiert, sagt viel

Und dennoch: CDU-Vizechef Armin Laschet, Ministerpräsident in Nordrhein- Westfalen, und Ralph Brinkhaus, Chef der Unionsfraktion im Bundestag, kritisieren die Parteivorsitzende. Und, das nur mal am Rande, auch Merkel, die eine CO2-Steuer ablehnt. Die Kritik ist einmal natürlich inhaltlich von Belang, weil NRW das industriestärkste Bundesland ist. Aber auch, weil Laschet als einer derer gilt, die AKK beerben könnten und wohl auch wollten, sowohl in der Parteispitze wie in der Anwartschaft auf die Merkel-Nachfolge im Kanzleramt. Brinkhaus ist in der Fraktion längst nicht mehr unumstritten und sucht sich zu profilieren. Dass er es ausgerechnet auf Kosten der Parteichefin tut, sagt auch etwas über deren Stand aus.

Die Lage ist da, hätte der alte Adenauer gesagt, zumindest im Hintergrund. Dieses Zögern und Verzögern in der Kanzlerinnenfrage verspielt längst das Momentum des Neuen. Die CDU liegt mehr oder weniger deutlich unter 30 Prozent Wählergunst, ihre Vorsitzende verliert an Anziehungskraft, und jetzt kommen auch noch die Europa- und die Bremen-Wahl. Wenn es danach, zur CDU-Vorstandsklausur Anfang Juni, kein Signal des Umbruchs gibt, dann kommt womöglich schneller als gedacht eines des Abbruchs: nämlich des Experiments mit AKK. Abgesehen davon, dass Merkel wenig tut, um ihrer vermeintlichen Wunschnachfolgerin den Weg zu ebnen – viel fehlt nicht mehr, und Kramp-Karrenbauer ist abgesägt.

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