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Ein älterer Covid-19-Patient wartet in einer Notaufnahme.

© AFP/Noel Celis

Update

Im Dezember offenbar 248 Millionen Infektionen : China stellt Veröffentlichung täglicher Corona-Zahlen ein

Kliniken und Krematorien sind überfüllt, die Behörden kommen nicht mehr hinterher. Jetzt ändert die nationale Gesundheitskommission die Informationspolitik.

| Update:

In der China haben sich nach offiziell unbestätigten internen Schätzungen in den ersten drei Dezemberwochen 248 Millionen Menschen oder 18 Prozent der Bevölkerung mit Corona infiziert. Vor dem Hintergrund der massiven Infektionswelle stellt die Volksrepublik nun die Veröffentlichung täglicher Corona-Daten nach fast drei Jahren Pandemie ein. Die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle werde nicht mehr täglich bekannt gegeben, teilte die nationale Gesundheitskommission am Sonntag mit. Eine Begründung dafür nannte die Kommission nicht.

Das Chinesische Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention werde weiterhin „Informationen über den Ausbruch zu Referenz- und Forschungszwecken veröffentlichen“, hieß es. Zur Art und Häufigkeit dieser Veröffentlichungen äußerte sich die Kommission nicht.

Den internen Schätzungen zufolge dürften sich allein am Dienstag dieser Woche 37 Millionen Menschen angesteckt haben, wie aus Notizen von einem Treffen der nationalen Gesundheitskommission in Peking am Mittwoch hervorgeht, die in sozialen Medien zirkulieren. Personen, die an der Diskussion beteiligt waren, bestätigten die Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg und der „Financial Times“ (FT). Die Schätzungen stammen vom Vizedirektor des Gesundheitsamtes, Sun Yang, wie die FT berichtete. Nach seinen Worten verbreite sich das Virus weiter schnell im Milliardenvolk.

Offiziell im Dezember nur 62.000 Ansteckungen

So seien mehr als die Hälfte der 81 Millionen Bewohner der südwestchinesischen Provinz Sichuan oder der 21 Millionen in der Hauptstadt Peking infiziert. In der offiziellen Statistik ist für die genannten drei Dezemberwochen landesweit aber nur von 62.000 Infektionen die Rede.

Während Krankenhäuser überfüllt sind und viele Krematorien die Leichen nicht mehr schnell genug einäschern können, geben die amtlichen Zahlen längst keinen Überblick mehr über das wahre Ausmaß der Infektionswelle. Nach Hochrechnungen von Experten muss mit Hunderttausenden von Toten gerechnet werden. Die Notizen von der Diskussion gehen allerdings nicht auf die Todeszahlen ein.

Die chinesische Wirtschaftsmetropole Shanghai ruft die Bevölkerung nun auf, am Weihnachtswochenende auf Reisen zu verzichten und zu Hause zu bleiben. Vor allem an jüngere Menschen appellierte die Gesundheitskommission der Stadt am Samstag, große Versammlungen zu vermeiden. Mit rund 26 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist Shanghai die größte Stadt Chinas.

Eine halbe Millionen Infektionen in nur einer Stadt

Allein in einer einzigen Stadt gibt es derzeit nach Angaben eines hochrangigen Behördenvertreters täglich rund eine halbe Million neue Corona-Infektionen. Es gebe in Qingdao jeden Tag „zwischen 490.000 und 530.000 Neuinfektionen“, wurde der Chef der dortigen Gesundheitsbehörde von einem von der regierenden Kommunistischen Partei betriebenen Internetportal zitiert.

Das Virus verbreite sich „rasend schnell“ in der im Osten des Landes gelegenen Stadt, sagte Bo Tao. Das Internetportal veröffentlichte seinen Artikel am Freitag, dieser wurde von mehreren weiteren Medien verbreitet. Auf dem Internetportal selbst wurde der Artikel aber inzwischen offenbar überarbeitet - am Samstag waren die von Bo genannten Zahlen nicht mehr zu finden. In Qingdao leben rund zehn Millionen Menschen.

Die Corona-Welle trifft China mit voller Wucht.
Die Corona-Welle trifft China mit voller Wucht.

© dpa/Kyodo/Uncredited

Die von Bo genannten Zahlen widersprechen eklatant den offiziellen Angaben. Chinas nationale Gesundheitskommission erklärte am Samstag, dass im gesamten Land am Vortag 4103 neue Infektionsfälle registriert worden seien. Aus der Provinz Shandong, in der Qingdao liegt, wurden offiziell nur 31 neue Fälle vermeldet.

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Nach fast drei Jahren mit Lockdowns, Zwangsquarantäne und Massentests hatte das bevölkerungsreichste Land am 7. Dezember seine harte Null-Covid-Politik abrupt aufgehoben. Die Kehrtwende wurde damit begründet, dass die Infektionen mit den neuen Omikron-Varianten nicht mehr so schwer verliefen.

Doch sahen Experten den Grund vor allem darin, dass die strikten Maßnahmen angesichts der explosionsartigen Ausbreitung nicht mehr durchgehalten werden konnten. Auch hatten die Beschränkungen die zweitgrößte Volkswirtschaft zunehmend belastet.

Nachdem chinesische Experten früher immer eindringlich vor den Gefahren des Coronavirus gewarnt hatten, um die Null-Covid-Politik zu begründen, wird die Schwere der Erkrankung seit dem Kurswechsel heruntergespielt. Der führende Regierungsberater und renommierte Epidemiologe Zhong Nanshan schlug sogar vor, Covid-19 nur noch „Corona-Erkältung“ zu nennen.

Hongkong will Grenze zum Festland öffnen

Hongkong plant sogar, die Grenze zum chinesischen Festland bis Mitte Januar wieder zu öffnen. Dies solle allmählich, geordnet und vollständig geschehen, sagt Regierungschef John Lee auf dem Flughafen Hongkong nach der Rückkehr von Beratungen in der Hauptstadt Peking.

„Unser Ziel ist es, schnell zu einem Konsens mit der Zentralregierung zu kommen, unseren Plan der Zentralregierung zur Überprüfung vorzulegen und den Plan vor Mitte Januar umzusetzen.“ Dabei würden die Behörden von Hongkong mit denen in der Nachbarstadt Shenzhen und der Provinz Guangdong zusammenarbeiten.

Anfang 2020 wurden wegen der Verbreitung des Coronavirus Reisen zwischen der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und dem Festland beschränkt. Menschen in Hongkong konnten das Festland nur über den Flughafen der Stadt oder zwei Kontrollpunkte erreichen. Die Aufhebung dieser Beschränkungen wurde mehrfach verschoben. 

Mit einer Rückkehr zur Normalität nach der laufenden massiven Corona-Welle ist nach Einschätzung der Deutschen Handelskammer (AHK) im Frühjahr zu rechnen.

Die Probleme, mit denen deutsche Unternehmen in China konfrontiert sind, dürften sich nach diesen Angaben für Konsumenten in Deutschland aber wahrscheinlich nicht bemerkbar machen, da sie schon vor Ort abgepuffert werden.

„Zwei Wochen nach Abschaffung der Null-Covid-Politik sind die Fallzahlen in ganz China explosionsartig gestiegen“, sagte Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Handelskammer, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Peking. Deutsche Unternehmen seien vielerorts mit Personalausfällen konfrontiert - nicht selten sei ein Großteil der Beschäftigten abwesend.

„Bedingt durch Krankenstände im Logistikbereich kommt es auch zu Lieferketten-Engpässen“, sagte Hildebrandt. Viele Unternehmen seien allerdings gut vorbereitet, indem sie zum Beispiel Lagerbestände aufgestockt hätten. Auch wüssten sie, „wie sie mit Infektionswellen umzugehen haben“. „Dadurch gelingt es, die Produktion im Großen und Ganzen oder zum Teil verlangsamt aufrecht zu erhalten.“ (AFP, dpa, Tsp)

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