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Streit um Gottesname: Christen in Malaysia haben Allah wieder

Die katholische Kirche in Malaysia darf den arabischen Namen für Gott wieder verwenden. Für viele der Malaien der muslimischen Mehrheit sehen in dem Gerichtsurteil einen Frevel.

Malaysias Premier Najib Razak nennt es eine „äußerst delikate Angelegenheit“: das Urteil von Malaysias oberstem Gericht am 31. Dezember, wonach die katholische Kirche in der malaiischen Sprache das Wort „Allah“ wieder als Begriff für den eigenen Gott, den Allmächtigen, gebrauchen darf. Viele von Malaysias rund 850 000 Christen bejubelten das Urteil, das ein dreijähriges Verbot kippte. Rund 10 000 Muslime dagegen unterzeichneten gleich eine Facebook-Kampagne gegen die verantwortliche Oberrichterin Lau Bee Lan, die bekennende Chrstin ist. Ein einflussreicher Mufti der nördlichen Provinz Perak verurteilte das Verdikt als „Beleidigung von Muslimen“. Harsche Kritik auch aus der muslimischen Regierungspartei UMNO, während oppositionelle Muslimparteien und moderate Kreise wie Oppositionsführer Anwar Ibrahim das Urteil begrüßten und jetzt als „Verräter des Islams“ hingestellt werden.

Für viele von Malaysias muslimischer Mehrheit der Malaien, die rund 60 Prozent der Bevölkerung ausmacht, bedeutet das Urteil nicht nur Gottesfrevel. Malaien sehen in der Allah-Debatte auch einen politischen Vorstoß der christlichen Minderheit, um die seit der Staatsgründung durch Verfassungsvorzüge privilegierte muslimische Mehrheit herauszufordern. Vorderhand darf die katholische Kirche den Begriff Allah wieder in der malaiischsprachigen Ausgabe ihrer Wochenzeitung „Catholic Herald“ verwenden. Schließlich haben Malaysias Christen den Sohn Gottes, Jesus Christus, seit jeher als Sohn Allahs bezeichnet. Auch Christen in Indonesien nennen Gott Allah, bloß die Betonung ist anders. Nach „Herald“-Redakteur Lawrence Andrew gibt es im Malaiischen keinen angemesseneren Begriff für Gott; malaiischsprachige Bibeln sprechen auch von Allah. Die meisten Muslime erachten den Namen Allah indes als Vorrecht ihres Glaubens, während Malaysias zumeist chinesisch-stämmige christliche Minderheit die Empörung über einen „christlichen Allah“ als Teil einer breiteren Islamisierungskampagne sieht.

Tatsächlich hat sich Malaysias Islam über die vergangenen Jahre radikalisiert, was allein schon an der wachsenden Anzahl von Scharia-Gerichtshöfen zu erkennen ist. Eine 32-jährige Mutter von zwei Kindern wurde letztes Jahr für das Trinken von Bier in einer Hotelbar verurteilt. Von ihrer eigenen Religion brüskiert, forderte die Muslimin, dass ihre Prügelstrafe in aller Öffentlichkeit ausgeführt werde. Prompt zögern jetzt die Richter.

Nach außen gibt sich Malaysias Regierung immer als Fürsprecherin von Pluralismus. Premier Najib verspricht auch die Versöhnung der immer wieder angespannten Beziehungen zwischen Malaysias drei Hauptethnien, den Malaien, Chinesen und Indern. Doch „Islam und die Regierung haben im Grunde fusioniert“, erklärt dazu der malaysische Politologe Maznah Mohamad von Singapurs Nationaler Universität. Weshalb auch niemand überrascht war, als der Regierungssprecher am Sonntag die Berufung gegen das Urteil ankündigte.

Daniel Kestenholz[Bangkok]

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