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Alle Jahre wieder eine neue Masche beim Steuerbetrug.

© Jens Wolf/ZB/dpa

Cum Fake: Der Finanzsektor sollte wieder stärker reguliert werden

Schon wieder eine neue Masche beim Steuerbetrug. Der Finanzbranche muss man wohl deutlich stärker auf die Finger schauen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Das Katz-und-Maus-Spiel hat offenbar eine neue Variante bekommen. Das Geschäftsmodell des Ausraubens staatlicher Kassen durch windige Akteure in der Finanzbranche ist um eine tolle Nummer – nun ja: bereichert worden. Cum Fake heißt die Masche, und sie ist noch dreister als die haltlosen Cum-ex-Deals und die dubiosen Cum-cum-Geschäfte, bei denen mit Aktienverschiebereien rund um die Dividendenauszahlungstermine zum Zwecke der Erstattung von Kapitalertragssteuer operiert wurde. Denn bei den Deals mit „American Depository Receipts“ (ADR), also Aktienderivaten, wurde noch offenkundiger getäuscht. Basierten die alten Maschen auf geliehenen Aktien, existierten bei der ADR-Nummer gar keine Wertpapiere, die eine Steuererstattung hätten rechtfertigen können. Es wurden leere Hüllen allein zwecks Steuerbetrug genutzt.

Wie groß der Schaden ist, lässt sich noch nicht sagen. Wie lange die krummen Touren liefen, auch nicht. Ob Steuerbehörden geschlafen haben, ob das Bundesfinanzministerium zu lax war bei der Aufsicht, das sollte nun schnell geklärt werden.

Wozu Aktienleihe?

Aber man muss hier wohl gründlicher ran. Man muss möglicherweise bei den Instrumenten ansetzen, die Steuerbetrügereien und dubiose Deals ermöglichen. Und bei den Zaubermitteln, die sich die Finanzindustrie geschaffen hat. Derivate sind eine Abteilung. Aktienleihe ist eine andere. Ohne das Verleihen von Aktien wären die mittlerweile unterbundenen Cum-ex- und Cum-cum-Geschäfte kaum möglich gewesen. Wer betreibt Aktienleihe? Viele Banken und Fondsfirmen (ganz vorne dabei das Unternehmen Blackrock), die mit den Gebühren aus dem Verleih zum Beispiel billig angebotene Indexfonds oder ETFs rentabler machen. Ob die Verleiher immer wissen wollten und wollen, was mit den ausgeliehenen Aktien gemacht wird? Wer betreibt ADR-Handel und warum? Ist es möglich, dass Aktienleihe auch bei diesen Deals eine Rolle gespielt hat? Da sind noch viele Fragen offen.

Meldepflicht ist o.k.

Die Finanzminister von Bund und Ländern wollen jetzt, über EU-Recht hinausgehend, eine Meldepflicht für aggressive Steuergestaltungsmodelle einführen, was der Finanz- und Beraterbranche nicht gefällt. Das ist nicht schlecht. Der Schritt gibt der Steuerverwaltung die Möglichkeit, frühzeitig Einblicke in die Ideenwelt dieser Branche zu bekommen. Mit der Folge, dass einerseits das Gespür der Steuerverwaltung geschärft wird und andererseits wohl manches Modell erst gar nicht auf die Welt kommt. Wer nun moniert, dass hier legales und illegales oder illegitimes Vorgehen vermischt wird, bringt die Sache auf den Punkt. Denn die zentrale Frage bei Steuergestaltung lautet stets: Was ist erlaubt und was nicht? Die Antwort dürfte nicht selten lauten: Schaun mer mal.

Die Finanzminister können ihren Eifer gern auch ausdehnen und überlegen, wo der gesamte Finanzsektor wieder stärker reguliert werden muss. Die massive Deregulierung vor der Finanzkrise hat ihn zu einem gefährlichen Giganten werden lassen. Der uns allen nicht gut tut. Auch weil er ja nur wenigen wirklich dient.

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