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Teilnehmerin einer Protestkundgebung gegen Corona-Impfungen in Stuttgart (Archiv).

© dpa/Christoph Schmidt/Archiv

„Dafür sollten sich viele schämen“: Kassenärzte-Chef Gassen kritisiert Umgang mit Ungeimpften während der Pandemie

Ungeimpfte seien in der Corona-Pandemie „zu sehr stigmatisiert“ worden, erklärt Gassen. Demnach habe sich bei vielen eine „inquisitorische Rechthaberei“ gezeigt, die aufgerbeitet werden müsse.

Stand:

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, nach der Veröffentlichung von Corona-Protokollen des Robert-Koch-Institutes (RKI) massive Vorwürfe im Umgang mit Ungeimpften erhoben. „Man hat diejenigen, die sich nicht haben impfen lassen, zu sehr stigmatisiert“, sagte Gassen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Das Thema Impfen sei „teilweise überhöht“ worden. „Die wissenschaftlich fundierten Stiko-Empfehlungen - nicht der politische Wille - hätten alleinige Grundlage sein sollen.“

Als Beispiel nannte er die Kritik an Fußballprofi Joshua Kimmich, der zunächst eine Corona-Impfung verweigert hatte. „Dafür sollten sich viele schämen, die mit teils inquisitorischer Rechthaberei unterwegs waren.“

Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bei einer Pressekonferenz im April.

© dpa/Britta Pedersen/Archiv

Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte während der Corona-Pandemie unter anderem von einer „Pandemie der Ungeimpften“ gesprochen.

Die Debatte um eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen ist durch jüngst veröffentlichte Protokolle des Robert-Koch-Instituts wieder intensiver worden. Sie geben Einblicke in die Arbeit des Krisenstabs aus der Zeit von Januar 2020 bis April 2021. Juristisch durchgesetzt worden war die Herausgabe der Protokolle durch das Online-Magazin Multipolar.

Die Aussage, wer nicht geimpft ist, trage Schuld an Ansteckungen und Todesfällen anderer, ist nicht gedeckt.

Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender Kassenärztliche Bundesvereinigung

Gassen betonte nun, es stehe „außer Frage“, dass die Corona-Impfungen in der Risikogruppe der Hochbetagten und Vorerkrankten gewirkt hätten, gerade um schwere Verläufe zu verhindern. Allerdings sei „die Aussage, wer nicht geimpft ist, trage Schuld an Ansteckungen und Todesfällen anderer, nicht gedeckt“, so der Kassenärztechef.

„Impfungen haben weder zuverlässig in jedem Fall vor Erkrankungen geschützt, noch haben sie verhindert, dass Geimpfte das Virus an andere übertragen haben“, sagte Gassen.

Forderung nach Pandemie-Aufarbeitung

Gassen forderte in diesem Zusammenhang erneut eine Aufarbeitung der Pandemie-Jahre. Am besten geeignet dafür sei eine Enquetekommission. Diese könne könne nicht nur helfen, „die aufgerissenen Wunden endlich zu heilen“, sagte er. „Das könnte auch helfen, uns besser auf eine mögliche nächste Pandemie vorzubereiten.“

Über eine parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Pandemie wird derzeit auch in den Parteien diskutiert. Die Grünen zeigten sich bereits offen für verschiedene Formate wie ein Bürgerrat oder ein Expertengremium.

Eine Enquetekommission bezeichnete der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann als „zwingend“. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) will nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sowie nach der Bundestagswahl 2025 Corona-Untersuchungsausschüsse einrichten. (dpa, AFP)

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