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Dieses Jahr mit mehr Abstand und Masken - aber die Entscheidung, wer Weihnachten zusammenkommt, müssen die Familien fällen.

© Deagreez/Ancestry.com Deutschland GmbH/obs

Die Menschen brauchen Gewissheit für Weihnachten: Das Familienfest darf der Staat nicht reglementieren

Der Tag der Begegnung zwischen den Generationen und Verwandten muss der Eigenverantwortung der Bürger überlassen bleiben. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Gerd Appenzeller

Jetzt kommt wieder so ein Tag, an dem die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder darüber beraten, ob die bisherigen Maßnahmen gegen eine Ausbreitung der Corona-Epidemie wirken, ob man sie mildern kann, oder, im Gegenteil, verlängern, vielleicht sogar verschärfen muss.

Angela Merkel ist wie immer skeptischer als andere Politiker. Am Samstag hat sie in ihrem wöchentlichen Video-Podcast gemahnt: Der vor uns liegende Winter wird uns allen noch viel abverlangen. Und ihr Gesundheitsminister, Jens Spahn, schließt Lockerungen vorerst aus. Der Shutdown bis Ende November, die Schließung von Restaurants, Clubs, Fitness-Studios und Kinos wird also mit Sicherheit nicht aufgehoben.

Die meisten Bundesbürger stützen die in Deutschland geltenden Maßnahmen, und sie lehnen zu 86 Prozent – so das jüngste Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel – die Proteste von Corona-Leugnern und Querdenkern ab. Sie vertrauen darauf, dass Bundes- und die jeweilige Landesregierung sowie die Spezialisten des Robert-Koch-Institutes gut erklären können, warum all die Restriktionen nötig und richtig sind.

Bei den Anhängern aller Parteien gibt es klare Mehrheiten gegen populistische Bewegungen, die, frei von jeder wissenschaftlichen Erkenntnis, die Gefahren des Corona-Virus leugnen. Mit einer Ausnahme: Unter den Anhängern der AfD haben 54 Prozent Sympathien für die Demonstrationen ohne Mund-Nasen-Schutz und ohne jeden Abstand.

Es geht nicht um Betriebsfeiern oder Weihnachtsmärkte - sie werden nicht stattfinden

Die offizielle Politik wird also bislang von breiten Mehrheiten gestützt. Das geschieht trotz aller Kritik an den Alleingängen der Exekutiven, die sich lange nicht um ein zustimmendes Votum in den Parlamenten gekümmert haben. Aber anders als im Frühjahr und Sommer ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem die Menschen mehr Gewissheiten haben wollen.

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Wir alle haben verstanden, dass angesichts einer bislang unbekannten Herausforderung niemand mit Sicherheit sagen kann, welche Maßnahme sich als richtig und welche sich als überflüssig erweist – und was unterlassen wurde, obwohl es, im Nachhinein evaluiert, vielleicht sinnvoll gewesen wäre.

Aber da gibt es einen Fixpunkt im Kalender, auf den auch jene Bürgerinnen und Bürger schauen, denen Religion ganz allgemein und Christentum im Speziellen nicht viel bedeutet. Und das ist die Frage, ob die Maßnahmen gegen die Pandemie den Familien verbieten könnten, Weihnachten im gewohnten Kreis zu feiern.
Dabei geht es nicht um Begegnungen im Stil von Weihnachtsmärkten oder Betriebsfeiern. Das wird nicht stattfinden, so viel ist klar. Und auch die Weihnachtsgottesdienste, bei denen selbst jene eine Kirche betraten, die an den übrigen 364 Tagen an ihr vorbeigehen, wird es kaum geben.

Aber ganz prosaisch betrachtet, ist Weihnachten jener Tag der Begegnung, der der Versammlung am Lagerfeuer gleicht. Liebe und Zusammengehörigkeit zwischen den Generationen und den Verwandten werden an keinem Tag intensiver gepflegt. Die Gewissheit, dass all dies auch 2020, ungeachtet Corona, stattfinden kann, sollte man den Familien lassen.

Keiner wird seine Familie leichtfertig gefährden. Aber die Weihnachtstage entziehen sich dem staatlichen Reglement. Das sollten Angela Merkel und die Länderregierungen klarstellen. Von der eigenen Verantwortung für die Menschen, die einem nahe sind, kann der Staat ohnedies niemanden befreien

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