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 Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit

© Michael Kappeler/dpa

Lauterbach will Kassenbeiträge anheben: Das sind die Gründe für die höhere Belastung der Arbeitnehmer

Der Gesundheitsminister will die Menschen stärker zur Kasse bitten. Um wie viel? Unklar. Klar ist: Er will sein Versprechen retten – bloß keine Leistungskürzung.

Im kommenden Jahr werden der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mindestens 18 Milliarden Euro fehlen; das Finanzloch will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auch durch eine Anhebung der Beiträge stopfen. „Wir müssen an vier Stellschrauben drehen: Effizienzreserven im Gesundheitssystem heben, Reserven bei den Krankenkassen nutzen, zusätzliche Bundeszuschüsse gewähren und die Beiträge anheben“, sagte Lauterbach im Interview der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Um welchen Prozentsatz die Beiträge steigen sollen, ließ er offen. „Es wäre unprofessionell, würde ich Ihnen hier aus den laufenden Gesprächen berichten.“ Auch auf einen Termin vor der Sommerpause wollte er sich nicht festlegen: „Ich werde rechtzeitig einen wohl überlegten Gesetzentwurf vorlegen.“

Mit steigenden Beiträgen – die die Kassen bereits prognostiziert 2021 hatten – kommen auf die Bürger:innen nun zusätzlich zu den zuletzt drastisch gestiegenen Energiekosten weitere finanzielle Belastungen hinzu. Zugleich versucht Lauterbach mit diesem Schritt eines seiner Versprechen zu retten: dass es mit ihm als Minister keine Leistungskürzungen geben werde. Deshalb ist die schnelle Stabilisierung der Kassenfinanzen so dringlich.

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In der vergangenen Woche wurde bereits ein Gesetzentwurf für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz öffentlich, den Lauterbach zuvor auch so angekündigt hatte. Allerdings war dieser offenbar nicht mit dem Finanzminister Christian Lindner (FDP) abgestimmt.

In dem Entwurf ist die Rede von einem Steuerzuschuss über fünf Milliarden Euro für die GKV. Von der Höhe dieses zusätzlichen Zuschusses hängt ab, wie hoch die Beiträge steigen. Entschieden wird über die Zusatzbeiträge vom sogenannten GKV-Schätzerkreis im Herbst dieses Jahres.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit

© Fabian Sommer/dpa

Wie stark letztlich die Zusatzbeiträge steigen werden, hängt davon ab, zu wie vielen Steuerzuschüssen sich Finanzminister Lindner von Lauterbach bewegen lässt, und damit auch davon, wieviel Rückhalt Lauterbach durch Kanzler Olaf Scholz (SPD) bekommt. Erst wenn diese Kennzahl feststeht, kann seriös abgeschätzt werden, welche Beitragssteigerungen nötig sind.

Die vier Stellschrauben, von denen Lauterbach im neuesten Interview sprach, sind auch im vor knapp zwei Wochen bekannt gewordenen Entwurf für ein „Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ angerissen. Zu den Zusatzbeiträgen heißt es dort, dass der Gesetzgeber „einen übermäßig starken Anstieg“ vermeiden wolle.

Noch steht die GKV solide da. So gab es zwar im vergangenen Jahr ein Minus, allerdings nur deswegen, weil die Kassen gesetzlich gezwungen waren, ihre Liquiditätsreserven abzubauen.

Der allgemeine Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung liegt derzeit bei 14,6 Prozent des Lohns oder der Rente. Dies reicht den Kassen aber in der Regel nicht, um ihre Kosten zu decken. Sie können deshalb Zusatzbeiträge erheben. Diese liegen dieses Jahr im Schnitt bei 1,3 Prozent, schwanken aber von Kasse zu Kasse. Beide Beitragsteile werden je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt. Regulär bekommt die GKV seit Jahren einen jährlichen Steuerzuschuss von 14,5 Milliarden Euro.

Erst kürzlich hatte Lauterbach in einem Tagesspiegel-Interview betont, viele Gesetze aus der vergangenen Legislatur – an denen Lauterbach selbst an zentraler Stelle mitwirkte – trieben die Kosten. „Und durch Corona brechen die Einnahmen weg.“ Tatsächlich sind in den vergangenen beiden Jahren vor allem zwei Gesetze zu Buche geschlagen, die Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn (CDU) auf den Weg gebracht hatte. Allein das Terminservice- und Versorgungsgesetz kostet jährlich Euro-Beträge im mittleren einstelligen Milliarden-Bereich.

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