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Das sind die Mitglieder der neuen Kommission: Retten diese 13 die Rente?
Der Reformbedarf im Rentensystem ist groß, die politischen Beharrungskräfte sind es aber auch. Eine Rentenkommission soll Bewegung reinbringen. Ihre Mitglieder – und was sie antreibt.
Stand:
Die jungen Renten-Rebellen in der Unionsfraktion sind mit dem Plan gescheitert, das schwarz-rote Rentenpaket in seiner jetzigen Form zu stoppen. Aber sie haben erreicht, dass sich die Bundesregierung mit sehr viel mehr Nachdruck als eigentlich geplant dem großen Reformdruck im Rentensystem widmet.
Das Kabinett hat am Mittwoch eine Rentenkommission einberufen. Sie wird im Januar ihre Arbeit aufnehmen und soll Vorschläge für Grundsatzreformen erarbeiten.
Das Gremium hat 13 Mitglieder, auf ihnen allen lastet hoher Druck. Denn eigentlich sind die Reform-Optionen, die es in Sachen Rente gibt, in der Fachwelt ausdiskutiert. Die unterschiedlichen politischen Präferenzen von Union und SPD sind ebenfalls bekannt.
Die Frage wird sein: Gelingt es der Kommission, einen Reformimpuls zu setzen, dem sich die Bundesregierung nicht entziehen kann? Das sind die Personen, die sich an dieser Aufgabe ab Januar versuchen werden.
Constanze Janda

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Sie ist eine der beiden Vorsitzenden: Die Juristin Constanze Janda ist als Professorin eine ausgewiesene Expertin für Sozialrecht und Verwaltungswissenschaft. An der Universität Speyer ist sie vor Kurzem erst zur Rektorin aufgestiegen.
Ihre Expertise beim Thema Rente ist groß: Seit 2020 gehört sie dem Sozialbeirat der Bundesregierung an, 2025 wurde sie zur Vorsitzenden berufen. Das Gremium kommentiert in einem Gutachten den jährlichen Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung und berät insbesondere das Arbeits- und Sozialministerium auch darüber hinaus. Die SPD hat Janda für den Vorsitz der Rentenkommission vorgeschlagen.
Frank-Jürgen Weise CDU

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Er ist der zweite Vorsitzende: Frank-Jürgen Weise ist für jene, die sich für Sozial- und Arbeitsmarktpolitik interessieren, ein alter Bekannter. Denn er war von 2004 bis 2017 Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit und damit Chef der größten Sozialbehörde Europas.
Er ist Mitglied der CDU, die ihn für den neuen Posten auch nominiert hat. Er ist als Retter in der Not bewährt: Von Herbst 2015 bis Ende 2016 hat er zusätzlich zu seinem eigentlichen Job in der Arbeitsagentur das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geleitet. Er wurde damals angesichts der akuten Notsituation aufgrund der Flüchtlingskrise geholt. Auch in Sachen Kommissionen hat er Erfahrung: Im Jahr 2010 leitete er eine solche, die Vorschläge für eine Strukturreform der Bundeswehr machte.
Pascal Redding

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Er wurde als einer von drei stellvertretenden Vorsitzenden der Kommission berufen: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Pascal Reddig. Er hat den Protest der Jungen Gruppe in seiner Fraktion gegen das schwarz-rote Rentenpaket gemeinsam mit Johannes Winkel, dem Vorsitzenden der Jungen Union, angeführt.
Winkel galt als strategischer Kopf der Rebellion, Reddig als derjenige, der sich besonders tiefgehend in der Sache auskennt. Sie beide sind im Bundestag auch Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Dass Reddig nun an prominenter Stelle in der Kommission verhandelt, ist ein Zugeständnis der Unionsführung in Richtung der jungen Abgeordneten. Es soll das Signal senden, dass deren Anliegen ernst genommen werden.
Florian Dorn
Auch die CSU entsendet einen stellvertretenden Vorsitzenden in die Kommission. Diese Aufgabe übernimmt Florian Dorn. Der Abgeordnete aus dem Unterallgäu ist Volkswirt, Mitglied im Finanz- sowie im Verteidigungsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

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Vor seinem Einzug in den Bundestag hat Dorn in der Wirtschaftsforschung gearbeitet, unter anderem als persönlicher wirtschaftspolitischer Referent des ifo-Präsidenten Clemens Fuest.
Annika Klose
Sie bildet das Gegengewicht zu Reddig und Dorn: Annika Klose, Sprecherin der SPD-Fraktion für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, wird ebenfalls Vize-Vorsitzende der Rentenkommission. Sie gehört zum linken Flügel ihrer Partei und streitet mit Verve für Umverteilung.

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Klose gehört dem SPD-Landesverband Berlin an. Sie ist studierte Sozialwissenschaftlerin und seit 2021 Mitglied des Bundestags.
Außerdem werden acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Kommission angehören.
Vier davon hat die Union berufen:
Martin Werding
Martin Werding ist Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum, Mitglied des Rats der Wirtschaftsweisen und ausgewiesener Fachmann für das Thema Rentenfinanzen. Einst erarbeitete er für die damals noch existierende FDP-Bundestagsfraktion eine Studie, um zu zeigen, dass eine gesetzliche Aktienrente einfach und ertragreich möglich sei.
Dem Tagesspiegel sagte Werding zu seiner Berufung: „Die Kommission hat eine unabhängige Leitung und versammelt viel Sachverstand für die gesetzliche Rente und andere Formen der Altersvorsorge. Das sind gute Voraussetzungen, um einvernehmlich zu guten Vorschlägen zu gelangen. Dann liegt es an der Politik, was sie daraus machen will.“
Silke Übelmesser
Silke Übelmesser ist Professorin für Allgemeine Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft an der Universität Jena. Schon in ihrer Doktorarbeit forschte sie zur Frage, wie stabil umlagefinanzierte Rentensysteme angesichts der Alterung der Gesellschaft sind. Das jüngste Rentenpaket von Schwarz-Rot hat sie deutlich kritisiert.
Jörg Rocholl

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Jörg Rocholl ist Präsident der internationalen Wirtschaftshochschule ESMT Berlin und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats im Bundesfinanzministerium. Er sagte dem Tagesspiegel zur anstehenden Arbeit in der Kommission, eine tragfähige Ausrichtung des Rentensystems sei für die Stabilität öffentlicher Finanzen von zentraler Bedeutung. „Die Herausforderungen, die durch unsere alternde Gesellschaft entstehen, lassen sich nicht mit punktuellen Korrekturen lösen.“ Das macht deutlich: Rocholl ist für wirklich tiefgreifende Änderungen im System.
Dem Tagesspiegel sagte er, es gelte, ein langfristiges Reformkonzept zu entwickeln, das finanzielle Solidität sichert, sich an der demografischen Realität orientiert, Leistungsversprechen realistisch justiert und zusätzliche Vorsorgeelemente stärkt. Gastbeiträge von Rocholl sind auch in der Tagesspiegel-Serie „Global Challenges“ erschienen.
Tabea Bucher-Koenen
Tabea Bucher-Koenen ist Inhaberin des Lehrstuhls für Finanzmärkte an der Universität Mannheim und leitet außerdem den Forschungsbereich „Altersvorsorge und Nachhaltige Finanzmärkte“ am Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim.
Vier der Fachleute wurden von der SPD nominiert:
Monika Queisser

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Monika Queisser leitet in Paris bei der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) die Abteilung Sozialpolitik. Sie verantwortet damit unter anderem „Pensions at a Glance“. Das ist ein Bericht, der alle zwei Jahre erscheint und einen umfassenden Überblick über Rentensysteme im internationalen Vergleich bietet. Sie kann daher mit sehr viel Expertise aufzeigen, wo Deutschland von anderen Ländern lernen kann, was dort funktioniert – oder auch nicht.
„Viele OECD-Länder sehen sich mit ähnlichen demografischen Herausforderungen konfrontiert. Aus den diversen Rentenreformen lässt sich viel lernen und ich freue mich, diese internationalen Erfahrungen in die Rentenkommission einzubringen“, sagte Queisser dem Tagesspiegel zu ihrer Berufung.
Peter Bofinger
Peter Bofinger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg. Er gehörte dem Rat der Wirtschaftsweisen von 2004 bis 2019 an und vertrat damals dezidiert linke Positionen.

© Peter Bofinger
Camille Logeay
Camille Logeay ist Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Sie hat früher schon einmal als wissenschaftliche Referentin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales gearbeitet und forscht insbesondere zu Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik.
Georg Cremer
Georg Cremer ist Volkswirt und war von 2000 bis 2017 Generalsekretär des Caritasverbands. Er beschäftigt sich intensiv mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit und hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt eines zu „Mythen, Halbwahrheiten, Fakten“ beim Thema Sozialstaat.
Es ist bemerkenswert, dass die SPD ihn nominiert hat. Cremer hat sich zur Fortführung der 48-Prozent-Haltelinie beim Rentenniveau, die die SPD durchgesetzt hat, kritisch geäußert. Er plädiert immer wieder für mehr Gerechtigkeit „ohne neue Schuldenberge“.
Außerdem wird die Deutsche Rentenversicherung Bund in der Rolle einer Sachverständigen bei allen Sitzungen vertreten sein. Die Sozialverbände sind hingegen zu deren Ärger nicht beteiligt. Im Januar nimmt die Kommission ihre Arbeit auf.
Im Sommer 2026 soll sie ihren Abschlussbericht vorlegen. Spätestens dann ist mit weiteren intensiven Debatten zum Thema Rente fest zu rechnen.
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